Ursula Forrer
feierte mit der Stiftung Zeitvorsorge das 10-Jahres-Jubiläum.
Der zweite Jahresanlass der IG Alter und der Fachstelle Alter und Gesundheit Gossau war sehr gut besucht. tb
Am Jahresanlass der IG Alter und der Fachstelle Alter und Gesundheit Gossau stellte Geschäftsführer Jürg Weibel das Modell der Stiftung Zeitvorsorge vor. Seit diesem Jahr können Personen ab 50 Jahren in Gossau für ehrenamtliche Tätigkeiten Stunden auf ihrem persönlichen Zeitkonto gutschreiben lassen, um später selbst Unterstützung zu erhalten.
Fürstenlandsaal «Vor hundert Jahren waren in der Schweiz gerade mal zwei Personen über hundert Jahre alt, heute sind es fast 2’000», erklärte Barbara Züst, Leiterin der städtischen Fachstelle Alter und Gesundheit, beim Blick auf die entsprechende Grafik. Aufgrund der demografischen Entwicklung würden die Leute nicht nur immer älter werden, sondern sie blieben auch deutlich länger gesund. «Und die allermeisten Personen möchten möglichst lange selbstbestimmt zuhause wohnen», führte Züst aus. Doch drohe vielen Seniorinnen und Senioren eine Vereinsamung, da es mit zunehmendem Alter immer schwieriger werde, soziale Kontakte aufrechtzuerhalten. Und Hilfe anzunehmen, falle vielen Personen schwer. Hier kommt die Stiftung Zeitvorsorge ins Spiel, wie Geschäftsführer Jürg Weibel anhand eines kurzen Erklärvideos aufzeigte. Die Idee der Zeitvorsorge ist, dass sich «junge Alte» möglichst in einer 1-1-Betreuung um betagte Personen kümmern und dafür Stunden auf ihrem persönlichen Zeitkonto gutgeschrieben erhalten. Wenn die betreuende Person später selbst Unterstützung benötigt, kann sie ihr Zeitguthaben einlösen. «Um die Registrierung kümmert sich die Geschäftsstelle der Stiftung oder die Organisation, welche die Hilfsdienste vermittelt», erklärte Weibel.
Gesammelt werden kann frühestens ab dem 50. Lebensjahr, wobei man sich als Leistungserbringer oder -bezieher bei der Stiftung registrieren lassen kann. Bis zu 750 Stunden kann eine Person sammeln. «Die Stunden, die Sie darüber hinaus leisten, sind auf ihrem Konto immer ersichtlich, aber aus steuertechnischen Gründen, musste die Anzahl Stunden beschränkt werden», sagte Weibel. Denn die Stadt garantiere mit gemachten Rückstellungen für die Zeitguthaben. Sollte die Organisation also dereinst aufgelöst werden, würde die Stadt die Leistungen mit den getätigten Rückstellungen einkaufen. Dies ist sowohl in St.Gallen, wo die Stiftung eben erst ihr zehnjähriges Jubiläum feierte, als auch in Gossau, wo das Modell zu Beginn dieses Jahres eingeführt wurde, der Fall. Weibel und Züst riefen betagte Personen dazu auf, sich als Hilfebezüger zu melden, auch wenn sie selbst keine Zeitguthaben besitzen. «Es ist wie bei der AHV. Die erste Generation hat diese auch erhalten, ohne davor ein Leben lang eingezahlt zu haben. Anders kann ein solches System nicht anlaufen», erklärten sie. Es gehe viele Jahre bis jene, die Leistungen erbringen, ihre angesammelte Zeit beziehen.
Zudem hätten viele Seniorinnen und Senioren schon bisher Leistungen für betagte Menschen erbracht, aber diese Zeit nirgends erfasst. Aus rechtlichen Gründen könne man diese Leistungen nicht rückwirkend in Zeitguthaben ausdrücken. «Aber selbstverständlich haben Sie trotzdem das Recht, Leistungen zu beziehen», wandte sich Züst an die rund 280 anwesenden Seniorinnen und Senioren. Weibel ergänzte, dass auch Personen weiter Hilfeleistungen erhalten würden, die ihr Guthaben aufgebraucht hätten. Für solche Stunden führt die Stiftung ein Gemeinschaftskonto. Auf dieses gehen alle Stunden, die Personen über die 750 Stunden hinaus leisten, die sie auf ihrem persönlichen Konto sammeln können. Die Beziehungen zwischen den Leistungserbringer und -empfängern sollen konstanter Natur sein. Die Stiftung spricht von einem Tandem. Die Idee dahinter ist, dass stabile Beziehungen entstehen. «So schaffen wir soziale Beziehungen zwischen der dritten und der vierten Generation», erklärte Weibel. «Die Kontakte sollen immer sozialer Natur sein. Die Helfenden sind keine Haushaltshilfe», ergänzte Züst.
Das Gossauer Stadtparlament hat im letzten November einem Rahmenkredit von 245'000 Franken für fünf Jahre zugestimmt. Darin enthalten sind Initialisierungskosten von 35'000 Franken, eine Rückstellung von 90'000 Franken und jährliche Betriebskosten von 30'000 Franken. «Wenn dank dieser Hilfe Heimeintritte verzögert werden können, spart die Stadt viel Geld», stellte Züst fest.
Von Tobias Baumann
Lade Fotos..