Ursula Forrer
feierte mit der Stiftung Zeitvorsorge das 10-Jahres-Jubiläum.
Eishockeynationaltrainer Patrick Fischer im Gespräch mit Christian Sutter von der St.Galler Kantonalbank. tb
In seinem Referat im Rahmen der G24 erzählt Patrick Fischer, wie er es schaffte, dass seine Mannschaft an der letzten WM in den wichtigsten Momenten ihr bestes Eishockey spielte. Fischer überzeugt als guter Redner mit spannenden Anekdoten und viel Witz.
Fürstenlandsaal «Wer von Ihnen sass am 26. Mai dieses Jahres um 22.30 Uhr nicht vor dem Fernseher?», fragt Christian Sutter, Leiter Privat- und Geschäftskunden Region St.Gallen bei der St.Galler Kantonalbank, die anwesenden Gäste. Zumindest in den vordersten Reihen hebt nur jemand die Hand. Es ist der Schweizer Eishockeynationaltrainer Patrick Fischer, der als Referent geladen ist und deshalb nicht vor dem TV-Gerät sass, da er den WM-Final Schweiz gegen Tschechien hautnah miterlebte. Sutter erinnert in der kurzen Einführung daran, wie hoch der Druck war, der auf Patrick Fischer lastete, nachdem die Schweiz 13 Testspiele hintereinander und auch die letzten beiden WM-Viertelfinals verloren hatte. «Die 13 Niederlagen hatte ich schon vergessen. Danke, dass du mich daran erinnert hast», sagt Fischer zu Beginn seines Auftritts und erntet zum ersten, aber bei weitem nicht zum letzten Mal, viele Lacher. In seinem Referat mit dem Titel «Teambildung, Leadership, Mindset» kommt der gewiefte Rhetoriker erst auf die Denkweise zu sprechen. «Für mich war von Anfang klar, dass wir uns ein hohes Ziel stecken müssen. Nach dem Gewinn der Silbermedaille konnte dieses nur noch lauten: Gewinn des Weltmeistertitels», sagt Fischer. Kein Kanadier, Schwede oder Tscheche komme an eine WM mit dem Ziel, den Viertelfinal zu erreichen – «alle wollen sie Weltmeister werden und sind überzeugt davon, dies zu schaffen». Entsprechend hätten die Schweizer lernen müssen, ebenfalls so zu denken, wie die Vertreter dieser grossen Eishockeynationen.
Fischer erzählt, wie er 2005 an der WM den Entschluss gefasst habe, es wie die meisten seiner Gegenspieler in die NHL zu schaffen. «Als ich das zuhause meinem Sohn erzählte habe, sagte er super. Alle anderen fragten mich, ob ich Masseur oder Materialwart werden möchte», erinnert sich Fischer. Doch er habe mit Marc Streit, dem damals besten Schweizer NHL-Spieler trainiert, seine Ernährung umgestellt und einen Mentalcoach verpflichtet. Eine Saison später erhielt der bereits 30-Jährige eine Chance in der besten Liga der Welt. Doch auch Misserfolge seien wichtig, um die richtigen Lehren zu ziehen. So habe sein Club nach 30 Spielen in der NHL keinen Platz mehr für ihn gehabt. Auch mit der Nationalmannschaft hätten sie immer wieder Rückschläge verdauen müssen. Entscheidend sei, die Fehler bei sich selbst und nicht immer bei allen anderen zu suchen. «Es gibt Menschen, die immer Ausreden suchen und sich über alles beschweren und diese finden sich gegenseitig. Die gab es auch in der Nationalmannschaft und da muss man dann ziemlich deutlich darauf hinweisen, dass es nichts wird mit hohen Zielen, wenn man aus Rückschlägen keine Lehren zieht», analysiert Fischer. Nachdem sein Team in den letzten Jahren nach starken Vorrunden wiederholt die Schlüsselpartien verlor, hätten sie sich mental ganz gezielt auf diese entscheidenden Momente vorbereitet. «Als wir im Viertelfinal wieder auf Deutschland trafen, waren wir bereit und konnten reüssieren», erzählt Fischer. Er habe auch mit Roger Federer telefoniert und beispielsweise geschaut, wie Navy Seals den Teamzusammenhalt verbessern.
Entscheidend für den Erfolg ist auch der Teamzusammenhalt. «Wir müssen die Dorfkönige zusammenführen und jeder muss seine Rolle akzeptieren. Das ist nicht immer einfach, wenn einer im Club eine entscheidende Rolle hat und dann in der Nationalmannschaft vielleicht nur wenig oder gar keine Einsatzzeit erhält», sagt Fischer. Dass auch diese Spieler dem Team positive Energie bringen, sei aber entscheidend. Und man brauche gute Leader, wie sie die NHL-Spieler für die Schweiz sind. «Sie bekommen alle Aufmerksamkeit und werden für die Erfolge gelobt, während andere in der Berichterstattung untergehen. Entsprechend müssen sie immer mit gutem Beispiel vorangehen und dürfen sich überhaupt keine Extrawurst herausnehmen, sonst brodelt es im Team», erklärt Fischer. Die Nationalmannschaft verfüge über einen Profiler, der alle Spieler und Coaches bezüglich ihrer Charaktereigenschaften analysiere. «Wenn man die Kernmotivation jedes Einzelnen kennt, ist das sehr hilfreich», so Fischer. Wenn man einen Wettkampftypen wie Andrighetto habe, könne man diesen leicht motivieren: «Es reicht, ihm zu sagen, der Tscheche denke, er sei besser. Dann geht er ab, während das einen Roman Josi überhaupt nicht interessieren würde», führt Fischer ein Beispiel an. Unabhängig von der Kernmotivation und daraus abgeleiteten Chancen und Risiken der einzelnen Spieler sei Wertschätzung von grosser Bedeutung. «Alle Menschen haben gerne Komplimente. Aber wir wurden mit dem Rotstift erzogen, so dass wir viel zu oft die Fehler betonen, statt uns auf das Gute zu konzentrieren», stellt Fischer fest. Wer von Mitarbeitenden aber viel verlange, müsse diesen grosse Wertschätzung entgegenbringen, spannt Fischer den Bogen zur Arbeitswelt.
Von Tobias Baumann
Lade Fotos..