Ursula Forrer
feierte mit der Stiftung Zeitvorsorge das 10-Jahres-Jubiläum.
Nach acht Jahren an der Spitze der Gemeinde hat Aurelio Zaccari im März seinen Rücktritt auf Ende Jahr bekannt gegeben. Am Sonntag entscheidet die Waldkircher Stimmbevölkerung, ob zukünftig der parteilose Pirmin Strauss-Sutter oder SVP-Vertreter Matthias Gehring die Geschicke der Gemeinde leiten soll.
Wahlen Mit Pirmin Strauss-Sutter bewirbt sich ein politisch unbeschriebenes Blatt für das Amt des Gemeindepräsidenten. Der gebürtige Waldkircher kann dafür auf einen beeindruckenden beruflichen Werdegang verweisen. Nach seinem Abschluss als Betriebswirtschafter an der HSG arbeitete der heute 47-Jährige in unterschiedlichen beruflichen Feldern, unter anderem im Finanzbereich, in der Softwareentwicklung, als Leiter von Nachhaltigkeitsprojekten und als Dozent für Wirtschaft und Recht. Seit fünf Jahren wohnt Strauss-Sutter mit seiner Familie wieder in Waldkirch. Seit zwölf Jahren führt er als Eigentümer die Hungerbühler Klima AG, die Abluftreinigungsanlagen für Landwirtschaftsbetriebe und kommunale Betriebe liefert.
Pirmin Strauss-Sutter, weshalb möchten Sie Gemeindepräsident von Waldkirch werden?
Ich möchte mich aktiv ins Gemeindegeschehen einbringen und sehe einige Herausforderungen, die man angehen muss und für die ich mit meinen Fähigkeiten einen guten Rucksack mitbringe. Ausserdem handelt es sich um einen sehr interessanten Arbeitsbereich.
Welche Herausforderungen sprechen Sie an?
Zum einen geht es darum, bei wachsenden Aufgaben weiterhin für gesunde Gemeindefinanzen zu sorgen. Dann stehen verschiedene Infrastrukturprojekte wie beispielsweise die Sanierung der Mehrzweckhalle Waldkirch an. Die Revision der Ortsplanung ist durch Einsprachen blockiert. Dies führt in der Gemeinde zu einem akuten Problem, denn es werden keine neue Wohnungen gebaut und ohne neue Wohnungen werden die Einfamilienhäuser nicht frei für junge Familien. Und nicht zuletzt müssen die Strukturen der Technischen Betriebe überprüft werden, was beispielsweise zu einer Integration in einen grösseren Verbund führen könnte.
Sie treten als Parteiloser an. Weshalb haben Sie nicht die Unterstützung einer Partei gesucht?
In der aktuellen Situation, in der einiges verändert werden muss, halte ich eine Parteizugehörigkeit im Gemeindepräsidium eher für einen Nachteil. Die Projekte umzusetzen, erfordert Unabhängigkeit und als Parteiloser muss ich keine besondere Rücksicht auf parteipolitische Interessen nehmen.
Aber Sie können im Wahlkampf auch nicht auf die Unterstützung einer Partei zählen…
Das ist richtig. Wahlkampftechnisch ist es sicher ein Nachteil. Man sieht auch, dass mein Mitbewerber wesentlich grossflächiger unterwegs ist.
Wo sind Sie politisch zu verorten?
Das ist in der Schnittmenge zwischen der FDP und der Mitte-Partei. Ich könnte mich in beiden Parteien grundsätzlich wohl fühlen.
Sie haben immer wieder neue berufliche Tätigkeiten begonnen. Weshalb?
Als Betriebswirtschaftler ist man sehr breit aufgestellt und nicht auf eine bestimmte Branche fixiert. Ausserdem habe ich immer die berufliche Herausforderung gesucht. Das ist auch jetzt der Fall. Mich reizt die extreme Breite und Fülle der Aufgaben im Gemeindepräsidium.
Im Gegensatz zu seinem Widersacher kann Matthias Gehring auf grosse Erfahrung in einem politischen Amt zählen. Als er sich 2012 in Hauptwil-Gottshaus bewarb, tat er dies allerdings genauso als Quereinsteiger wie dies nun Pirmin Strauss-Sutter tut. Der heute 45-Jährige wurde damals jüngster Gemeindepräsident im Kanton Thurgau und stand anschliessend der Gemeinde bis 2021 vor. Nach dem Rücktritt trieb er die Entwicklung seines Unternehmens voran. Die Swiss Licht AG vertreibt Leuchtsysteme in aller Welt. In den letzten drei Jahren ist die Firma mit einer Tochtergesellschaft in Deutschland deutlich gewachsen. Heute beschäftigt sie 16 Mitarbeitende. Allerdings hat Gehring seine politischen Ambitionen nie abgelegt. 2021 bewarb er sich fürs Gemeindepräsidium in Thal, musste dort allerdings eine Niederlage einstecken. 2022 zog er seine Kandidatur als Stadtpräsident von Arbon zurück, da er mit der Art des Wahlkampfs nicht einverstanden war.
Matthias Gehring, weshalb möchten Sie Gemeindepräsident von Waldkirch werden?
Das hat zwei Gründe. Einerseits habe ich seit meinem Rücktritt in Hauptwil-Gottshaus wiederholt festgestellt, dass mir etwas fehlt, und andererseits würde sich mir aktuell die Möglichkeit bieten, meine Firma in neue Hände zu geben. Ein langjähriger Mitarbeiter möchte mehr Verantwortung übernehmen, was mir wiederum den Raum schaffen würde, um etwas anderes zu machen.
Aber Sie würden Ihre Firma behalten?
Ja, ich würde Hauptaktionär bleiben. Aber operativ würde ich mich komplett zurückziehen. Ich bin aktuell mehr als die Hälfte meiner Zeit im Ausland unterwegs und das ist nicht eben familienfreundlich.
Sie wohnen schon sehr lange in Hauptwil, Ihre Frau ist gar in der Gemeinde aufgewachsen. Wenn Sie gewählt werden, müssen Sie nach Waldkirch ziehen…
Ja, das würde ich selbstverständlich machen. Aber die Wohnung in unserem Mehrfamilienhaus müsste ich nicht verkaufen, die könnte man problemlos vermieten.
Sie sind in der SVP – allerdings in einer anderen Orts- und sogar Kantonalpartei. Können Sie trotzdem auf die Unterstützung der SVP Waldkirch-Bernhardzell zählen?
Absolut. Ich spüre sehr grossen Support. Als ich von Aurelios Rücktritt gehört habe, bin ich auf die Ortspartei zugegangen und habe mein Interesse signalisiert. Das wurde sehr positiv aufgenommen.
In Arbon haben Sie vor zwei Jahren Ihre Kandidatur zurückgezogen, weil Sie den Wahlkampf nicht fair fanden. Ist er dies nun in Waldkirch?
Ja, so stelle ich mir einen Wahlkampf vor. Man geht fair miteinander um und es finden keine Angriffe unter der Gürtellinie statt.
Sie treten gegen einen Einheimischen an. Sehen Sie das als Nachteil?
Nein, ich sehe das im Gegenteil als einen Vorteil. Ich kann unvoreingenommen an die Geschäfte herangehen.
Text und Interviews: tb
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