Ursula Forrer
feierte mit der Stiftung Zeitvorsorge das 10-Jahres-Jubiläum.
Marcel Zimmerli ist der Dienstchef der Abteilung Ermittlung/Fahndung. sro
Die Kriminalpolizei Appenzell Ausserrhoden hat diverse Abteilungen, die alle gemeinsam zu einer sauberen Aufklärung der Fälle beitragen. Im dritten Teil der Serie stellen die Herisauer Nachrichten die Abteilung Ermittlung und Fahndung mit Dienstchef Marcel Zimmerli vor.
Zeughaus Ein offenes, freundliches Gesicht, sehr bedachte und überlegte Worte: Marcel Zimmerli ist auf eine gewisse Art und Weise anzumerken, dass er in seinem Beruf bei der Kriminalpolizei viel Geduld aufbringen, Zusammenhänge erkennen und dabei einen kühlen Kopf bewahren muss. Seit seiner Ausbildung im Jahr 2005 ist er der Polizei treu geblieben. Damals dauerte die Polizeischule ein Jahr, heute sind es zwei. «Nach der Ausbildung arbeitete ich sechs Jahre beim Polizeiposten in Herisau – während dieser Zeit konnte ich den Stage bei der Kriminalpolizei machen», so Zimmerli. Dabei handelt es sich um einen Ausbildungsblock, in dem man vier Monate bei der Kripo verbringt. «Der Bereich Strafgesetzbuch hat mich schon immer etwas mehr angesprochen als der Bereich Verkehr. Das hat sich im Stage bestätigt», erinnert sich Zimmerli. Mit einer Blindbewerbung kam er 2012 als Jugendkontaktpolizist zur Kripo. Drei Jahre später konnte er intern zur Abteilung «Leib und Leben» wechseln, die heute im Dienst der Ermittlung/Fahndung unter Gewaltkriminalität untergebracht ist. Er absolvierte zusätzlich die Ausbildung zum Videobefrager für Kindesbefragungen und arbeitete bis 2019 in diesem Bereich – in jenem Jahr wurde er zum Gruppenchef Gewaltkriminalität gewählt, bevor er 2022 die Stelle als Dienstchef Ermittlung und Fahndung übernahm. In dieser Funktion unterstehen ihm die Gruppen Gewalt- und Strukturkriminalität. Die Aufgaben sind dabei sehr unterschiedlich. Bei der Gewaltkriminalität haben es die Ermittler mit Tötungs- und Gewaltdelikten wie schwerer häuslicher Gewalt und Körperverletzung zu tun, aber auch mit Videobefragungen, Sexualdelikten wie Vergewaltigung oder sexuelle Nötigung. Auch Delikte im Bereich Jugend fallen in diese Abteilung. Es besteht ausserdem die Fachstelle «Häusliche Gewalt», welche bei Marcel Zimmerli angesiedelt ist. «Ich bin die Schnittstelle in andere Kantone und Polizeistellen. Zudem prüfe ich in den Rapporten, ob die angeordneten Massnahmen korrekt und ausreichend sind», sagt Zimmerli.
Auf der Seite der Strukturkriminalität haben es die Beamten mit Diebstählen, Einbrüchen, Einschleichdiebstählen und Betäubungsmitteldelikten zu tun. «Ein sehr komplexer Teil sind die Wirtschaftsdelikte», so Zimmerli. Was auch in den Bereich fällt, sind alle Cyberdelikte, meist Betrug. «Damit sind wir täglich beschäftigt», sagt Zimmerli. Schliesslich ist auch die IT-Forensik bei der Strukturkriminalität angesiedelt. «Dort werden digitale Datenträger ausgelesen und gerichtsverwertbar aufbereitet, damit die Sachbearbeiter diese auslesen und herausfinden können, ob die Daten für einen Fall relevant sind.»
Gesamthaft sind 15 Mitarbeitende in der Abteilung der Ermittlung und Fahndung tätig. Für Zimmerli ist die Grösse des Teams das Beste am Job. «Wir haben einen sehr guten Austausch und sind ein tolles Team, welches sich stets gegenseitig unterstützt. Das ist sehr wertvoll», sagt der Dienstchef. Natürlich gebe es auch schwierige Seiten im Beruf. «Gerade aussergewöhnliche Fälle bewegen sehr – da erinnere ich mich immer gleich an zwei Fälle, in denen es um schwere Gewalt an Kleinkindern ging. Das kann sehr herausfordernd sein», sagt Zimmerli. Deshalb sei der Austausch sehr wichtig, sollte man einen Fall nicht übernehmen können. Gerade Fälle mit Kindern seien nie leicht und belastender als andere. Die Kindesopferbefragungen werden daher nur von spezialisierten Ermittlerinnen und Ermittlern geführt. «Das Kind hat, wie alle Opfer, das Anrecht eine Vertrauensperson dabei zu haben», sagt Zimmerli. Je nach Alter sei es allerdings schwierig, an die Antworten zu gelangen, die man zur Klärung des Sachverhaltes brauche. «Befragungen mit Kindern unter vier Jahren sind meist nicht zielführend – in dem Alter verstehen sie oft nicht, dass etwas geschah, das nicht richtig war und sie können das Geschehene nicht einordnen», sagt Zimmerli.
Allgemein sind Befragungen etwas, worauf sich die Beamten gut vorbereiten und sich darin auch weiterbilden können. «Es gibt Kurse in der Einvernahmepsychologie. Dort geht es um den Aufbau der Befragung und darum, wie Fragen gestellt werden, um das Optimum herauszuholen. Zudem gibt es Weiterbildungen für Opferbefragungen bei Sexualdelikten oder eben für die Befragung von Kindern», so Zimmerli. Bei Letzteren gehe es darum, dem Alter gerechte Fragen zu stellen und eine einfache Sprache anzuwenden. Merkt Zimmerli in einer Befragung sofort, wenn er angelogen wird? Er lacht und verneint. «Das ist schwierig. Es gibt sicherlich Leute, die nicht wissen, wie sie sich im Umgang mit der Polizei verhalten sollen – da merken wir das vielleicht schneller. Bei jenen, die das Prozedere kennen, nicht zwingend», meint der Kriminalbeamte. Der Fall, der sich in Zimmerlis bisheriger zwölfjähriger Tätigkeit in der Kriminalpolizei am längsten gezogen hat, war einer im Betäubungsmittelbereich. Diesen begleitete er in der Funktion als Dienstchef. «Der Fall hat sich über die ganze Schweiz erstreckt. Mehrere Personen kamen in Untersuchungshaft. Bis die Ermittlungen der Kriminalpolizei und der Staatsanwaltschaft abgeschlossen werden konnten, dauerte es ein Jahr. Das erfordert Durchhaltewillen», sagt er. Für den Beruf ist dieser zentral. «Man braucht ausserdem ein Interesse daran, nachzubohren, bis man etwas hat – und man muss einen Fall auch beiseitelegen können, wenn dabei nichts herauskommt. Wir legen auch viel Wert darauf, im Team auf Augenhöhe zu kommunizieren und einen guten Umgang zu pflegen.» Auch bei schweren Fällen muss man mit Beschuldigten in Kontakt treten. «Wir hatten schon Beschuldigte im Bereich der sexuellen Handlungen mit Kindern. Man muss mit diesen arbeiten, da man etwas von ihnen erfahren möchte. Dort ist die Herausforderung, sich abgrenzen zu können und das Beste für das Verfahren herauszuholen», sagt Zimmerli. Zu den Personen entstehe immer eine Beziehung, ob man wolle oder nicht. «Die persönliche Meinung muss erst einmal hintenangestellt werden.» Die Abgrenzung und der Ausgleich seien deshalb sehr wichtig. «Ich finde den Ausgleich, indem ich Zeit mit der Familie und Freunden verbringe, Sport treibe und viel mit dem Hund unterwegs bin», sagt er. Die Abgrenzung habe in all den Jahren bisher gut funktioniert. «Klar nimmt man mal etwas nach Hause, aber es hat mich noch nie so sehr beschäftigt, dass es mein Privatleben tangiert hätte. Es ist immer wichtig, zu sagen, wenn mal etwas an einem nagt.»
Stefanie Rohner
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