Julia Buchmann
ist am Schweizer Filmpreis 2025 als beste Schauspielerin nominiert.
Ein Wolf war im Appenzellerland unterwegs und hat drei Tiere getötet - einen Schafbock, ein Reh und ein Alpaka. Das beunruhigt die Landwirte. Christof und Stefan Enzler erzählen, wie sie ihre Schafe schützen.
Herdenschutz Es ist nicht das erste Mal, dass sich ein Wolf im Appenzellerland aufhält, der letzte Riss lag aber zwei Jahre zurück. «Die Wolfspräsenz bereitet uns natürlich Sorgen. Auch wenn er nicht in diesem Gebiet unterwegs war – ein Wolf kann in einer Nacht hier sein», sagt Christof Enzler aus Herisau. Über den SMS-Alarm und durch den Austausch unter Berufskolleginnen und -kollegen versuche man, informiert zu bleiben. Doch da sind sich die Ausserrhoder Wildhut und auch Christof Enzler einig: Erst nach einer solchen SMS Herdenschutzmassnahmen zu ergreifen, wäre zu spät. Christof Enzler hat den Betrieb mit 300 Schafen Anfang des Jahres von seinem Vater Stefan übernommen. Dieser findet klare Worte: «Es ist kein schönes Herauslassen mehr im Frühling, es ist immer ungewisser. Wir unternehmen alles, um unsere Herde so gut wie nur möglich zu schützen», sagt Stefan Enzler. Die Familie hat für ihre Weiden in Herisau im Frühling, Herbst und Winter ihre zwei Herdenschutzhunde, im Sommer sind diese dann auf der Säntisalp – zusammen mit Tieren von weiteren Landwirten. Auf einer weiteren Weide werden die Schafe mit einem Herdenschutzzaun geschützt. Der Zaun steht seit rund vier Jahren. Doch Enzlers mussten schon bittere Verluste hinnehmen. In einem Alpsommer wurden auf der Säntisalp 40 Schafe von einem Wolf gerissen. Damals mussten die Enzlers einen Monat früher abalpen, normalerweise würden sie die Tiere erst im September ins Tal zurückbringen. «Nebst normalem Zaun haben wir nun unsere Hunde. Ohne sie gehen wir nicht mehr z'Alp», betont Stefan Enzler. Es sei wohl stets ein Hirte auf der Alp, aber ein Wolf würde beobachten, wann dieser schlafen gehe und dann zuschlagen. Deshalb brauche es die Hunde. «Wir haben es auch mit Nachtpferch versucht, das war aber gar nicht ideal», sagt Christof Enzler. Jeden Abend die Tiere zusammenzutreiben und einen Elektrozaun zu installieren, sei vom Aufwand her für den Hirten unverhältnismässig gewesen. Zudem habe die Wiese darunter gelitten. In Herisau sei die Herde durch die Hunde gut geschützt, dennoch holen Enzlers die kleinen Lämmer über Nacht hinein.
«Der Aufbau von Herdenschutzzäunen dauert länger. Sie sind schwerer und höher als herkömmliche Zäune. Der Aufwand ist grösser», so Stefan Enzler. Durch einen solchen Zaun fliesst zudem mehr Strom als durch einen herkömmlichen. Die Landwirte, welche solche Herdenschutzzäune kaufen, haben finanzielle Unterstützung durch den Bund erhalten – verteilt wurde das Geld durch die Herdenschutzbeauftragte des Kantons Appenzell Ausserrhoden. «Wir haben damals noch Geld erhalten, aber heute sieht das etwas anders aus», sagt Stefan Enzler. «Uns wurde versprochen, das dafür Geld vorhanden sei – es ist aber inzwischen verbraucht. Die Pauschale, die es heute noch gibt, reicht nirgends hin», sagt Stefan Enzler und sagt klar: «Sollen doch jene für die Ausgaben aufkommen, die den Wolf ums Verrecken hier haben wollen. Diese sollte man zur Kasse bitten. Dann vergeht es ihnen schnell. Die Bauern bleiben auf den meisten Kosten einfach sitzen.» Es sei aber keine Option, keine Schutzmassnahmen zu ergreifen, selbst wenn diese selbst finanziert werden müssen. Nebst dem finanziellen Verlust von Tieren schmerze deren Tod auch emotional sehr.
Vater und Sohn sind der Meinung, man müsse gegen die einzelnen männlichen Jungtiere etwas unternehmen, bevor es zu einer Rudelbildung kommen kann. «Im Toggenburg ist inzwischen ein Wolfspaar unterwegs und im Sommer dürfte sich da ein Rudel bilden. Da müsste man jetzt dahinter», findet Christof Enzler. Aus dem Toggenburg sei es nicht mehr weit zur Säntisalp, wo Enzlers über den Sommer ihre Schafe haben. Das bereitet den beiden Sorge. Ihr Wunsch wäre, dass jeder Wolf, der je ein Nutztier gerissen hat, geschossen werden dürfte. «Und zwar sofort», sagt Stefan Enzler. Derzeit dürfe ein Wolf dann geschossen werden, wenn dieser innert 30 Tagen acht Tiere aus einer geschützten Herde gerissen hat. «Bei ungeschützten Herden kann der Wolf so viele holen, wie er will und er darf nicht geschossen werden», so Christof Enzler.
«Ungeschützt muss man gar nicht erst auf die Alp gehen», sagt Stefan Enzler. Für die Herdenschutzhunde würden sie auch eine Entschädigung erhalten, aber auch da käme man nicht auf eine schwarze Null. «Einerseits kostet ein Hund mit Tierarztbesuchen, Futter und allen möglichen Impfungen viel, andererseits braucht die Arbeit auch viel Zeit. Mit einem Hund muss man sich beschäftigen», sagt Christof Enzler. Die beiden sind sich einig, dass die Entscheide, wie und wie hoch Risse entschädigt oder Herdenschutzmassnahmen unterstützt werden sollen, in der Politik schneller getroffen werden müssen – zumal der Wolfsbestand immer grösser werde. «Wir wollen wissen, woran wir sind – wenn wir erst jetzt erfahren, wie viel Entschädigung wir erhalten würden, können wir finanziell nicht planen», sagt Christof Enzler.
Stefanie Rohner
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