Julia Buchmann
ist am Schweizer Filmpreis 2025 als beste Schauspielerin nominiert.
Katharina Fortunato bei der Erstellung eines Budgets für eine Klientin. we
Ausgerechnet zu ihrem zwanzigjährigen Arbeitsjubiläum hat Katharina Fortunato in der Budget- und Schuldenberatung der St.Galler Frauenzentrale sehr viel zu tun. Viele Familien und Einzelpersonen kommen finanziell nicht mehr über die Runden und geraten ans Existenzminimum.
Finanzen Schon im letzten Jahr machte sich die Teuerung in der Beratungsstelle deutlich bemerkbar. Die Zahl der persönlichen Beratungen stieg von 332 im Vorjahr auf 359. Vor allem die Zahl der Schuldenberatungen nahm zu. Wie die Stellenleiterin feststellt, macht sich die Teuerung bei den kleineren Einkommen oft in besonderem Masse bemerkbar. Viele Lebensmittel sind teurer geworden, die Mieten und die Nebenkosten werden erhöht, die Stromrechnung fällt höher aus. Da kommt es zu Mehrkosten, die viel höher sind als die ausgewiesene Teuerungsquote. Das führt zu mehr Personen, die bleibend Mühe haben, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Da viele die Stelle erst aufsuchen, wenn sie bereits in Schulden stecken und mit eigener Kraft keinen Ausweg mehr finden, ist eine Lösung meist komplex. Katharina Fortunato weist denn auch bei jeder Gelegenheit darauf hin, die Stelle möglichst früh aufzusuchen, um mit einer Budgetberatung eine längerfristige Lösung zu erreichen. Natürlich müssten dann die aufgezeigten möglichen Einschränkungen auch vorgenommen werden, was oft schwerfällt. Die Stellenleiterin bezeichnet es denn auch als menschlich verständlich, wenn sich aufdrängende Sparmassnahmen nicht umgesetzt werden und die Beratungsstelle erst aufgesucht wird, wenn bereits Schulden getilgt werden sollten.
In jedem Fall bemüht sich Katharina Fortunato, das Beste für die Ratsuchenden zu erreichen. Bei der Schuldentilgung geht ihre Unterstützung oft weit über die Beratung hinaus. Sie bemüht sich oft direkt, Zahlungsaufschiebungen und Erlasse bei den Gläubigern zu erreichen. Eine einvernehmliche Schuldensanierung ist aber nur möglich, wenn alle Gläubiger einverstanden sind und der Budgetüberschuss einen Teil der Schulden tilgen kann. Immer wieder wird die Frage gestellt, ob ein Privatkonkurs die Lösung sein kann. Zunächst einmal schränken die rechtlichen Möglichkeiten diesen Weg ein. Nach einem Konkurs steht das ganze Einkommen zwar wieder zur Verfügung, doch es ist ein Trugschluss zu glauben, dass die Schulden dann einfach abgeschüttelt werden. Die Schulden bleiben in Form von Konkursverlustscheinen bestehen. Immer häufiger folgen kurz vor der Verjährung nach zwanzig Jahren Betreibungen. Wenn die Schuldner zu neuem Vermögen gelangt sind, beginnt die Pfändung erneut. So macht der Privatkonkurs häufig keinen Sinn. Manchmal werden aber auch zustehende Finanzleistungen nicht genutzt, wie Sozialhilfe, die Krankenkassen-Prämienverbilligung und Ergänzungsleistungen.
Ein gangbarer Weg ist in gravierenden Verschuldungssituationen gemäss der Stellenleiterin ein Restschuldverfahren, über das in den eidgenössischen Räten schon seit geraumer Zeit diskutiert wird. Das Ziel dabei ist eine Restschuldbefreiung nach einer drei oder vier Jahre dauernden Lohnpfändung. In dieser Zeit leben die Betroffenen am Existenzminimum, danach wären sie aber schuldenfrei. Da diese Möglichkeit aber (noch) nicht zur Verfügung steht, gilt es bei allen Beratungen, nach möglichen Einsparungen zu suchen, um eine Schuldenspirale zu vermeiden. Oft ist es das Auto, das das Budget zu stark belastet. Doch viele tun sich schwer, darauf zu verzichten, obwohl der öffentliche Verkehr in und um St.Gallen gut ausgebaut ist. Die Belastung durch ein entsprechendes Leasing erweist sich oft als zu hoch. Gerade junge Menschen sind heute zudem zahlreichen kommerziellen Verführungen ausgesetzt. Lockangebote führen zu unnötigen oder zu grossen Einkäufen. Auch Kreditkarten verlocken zu Einkäufen rund um die Uhr. Hier müssten die Eltern ihre Kinder auf diese Gefahren vermehrt aufmerksam machen, findet Katharina Fortunato.
Nach wie vor sind es nicht nur Personen am Existenzminium, die sich bei der Beratungsstelle melden, sondern auch solche, die mit einem grösseren Einkommen nicht zurechtkommen. Sie leben auf zu grossem Fuss und müssen auf Einsparungsmöglichkeiten aufmerksam gemacht werden. Mit vielen Reisen, häufigen Restaurant-Besuchen und teuren Autos sind auch höhere Einkommen recht schnell aufgebraucht. Obwohl es Katharina Fortunato rückblickend auf ihre langjährige Tätigkeit in der Frauenzentrale mit vielen hochproblematischen Situationen zu tun hatte, erklärt sie: «Es ist der beste Job, den es gibt.» Dies, weil sie so vielen Menschen Hilfe leisten kann, aber auch weil sie oft Dankbarkeit erfährt. Nicht wenige zeigten ihre Dankbarkeit in Zuschriften noch nach Jahren.
In Zahlen ergibt die Tätigkeit der Budget- und Schuldenberatung im letzten Jahr folgendes Bild: Von den persönlichen Beratungen fallen auf die Budgeterstellung 70, auf die Schuldenberatung 224. Schuldenkurzberatungen erfolgten in 65 Fällen. Dazu kamen 76 Telefonberatungen, 82 Beratungen per Mail und 105 Finanzgesuche an Institutionen. Die Schulden bezogen sich zu 38 Prozent auf Steuern, zu 32 Prozent auf Krankenkasse, zu 2 Prozent auf Privatschulden und zu 10 Prozent auf übrige Schulden (Leasing, Hypothek, Miete, Alimente). Die Budget- und Schuldenberatung St.Gallen für Frauen und Männer befindet sich an der Bleichestasse 11. Telefonische Voranmeldung ist erforderlich über 071 222 22 33.E-Mail: budgetberatung@fzsg.ch oder schuldenberatung@fzsg.ch
Von Franz Welte
Lade Fotos..