Bernhard Ruchti
weiht die neue Orgel in der Kirche St. Laurenzen mit einem Konzert ein.
Von Franz Welte
Teufelsgeschichten In den Lebensbeschreibungen von Gallus ist von seiner Begegnung mit zwei Dämoninnen in der Gestalt von Frauen die Rede. Diese treten auf den Plan, als Hiltibold am Morgen nach dem Vorfall mit dem berühmten Bären wiederum das Netz im fischreichen Strudel auswerfen will. Wetti und Walahfrid stellen in ihren Lebensbeschreibungen entsetzt fest, die Weiber seien schamlos genug gewesen, nackt am Ufer zu stehen, «als wollten sie ins Bad steigen». Die Dämoninnen verhalten sich aggressiv und werfen Steine gegen den Diakon und beschuldigen ihn, dass er Gallus in diese Einöde geführt habe, «jenen feindseligen und missgünstigen Mann, der uns mit seinen Übeltaten stets übertrumpft.» Die Stimmen der Geister klingen, «wie wenn zwei Frauen die Toten beklagen würden.» Damit könnten nach Max Schär die Fische gemeint sein, wie er in seinem Buch «Gallus – Der Heilige in seiner Zeit» schreibt. Die Wassergeister sind mit ihnen im selben Element wesensmässig verbunden. Dies widerspiegelt den vorchristlichen Glauben. Gallus kann aber nach Schär in den germanischen Naturwesen nur Abgesandte der Hölle sehen und so verjagt er sie. Sie weichen der Steinach entlang bis hinauf zum Gipfel des Berges. Von dort, dem «Himmelberg», in dem Historiker auch die «Menzlen» sehen wollten, rufen sie voller Verzweiflung: «Was wollen wir tun und wohin uns wenden? Dieser Fremdling lässt uns weder unter Menschen wohnen noch in der Einöde leben.» Mit den satanischen Weibern war für ihn anscheinend auch die Verführungskraft weiblicher Nacktheit besiegt. Schon viel früher hat Hans Rudolf Hilty in seiner «Gall Story - Schlechtachten zuhanden der Jury» die Darstellungen des Lebens von Gallus zweifelhaft genannt. So dürften Fische in der Steinach damals nicht mit Netzen gefangen worden sein, vielmehr von Hand. Dass Gallus die vielen Schlangen aus dem Steinachtal vertrieben haben soll, ist natürlich ebenfalls eine Glaubenssache.
Ein weiteres Mal soll sich ein Teufel nahe bei Gallus befunden haben, als dieser von einem Boten des Herzogs Cunzo gerufen wurde, er möge dessen Tochter Fridiburga heilen. Diese wälze sich am Boden und müsse vom Teufel besessen sein. Nach späteren Erkenntnissen soll es sich um epileptische Anfälle gehandelt haben. Gallus zögerte, machte sich dann aber auf den Weg und heilte sie. Es handelte sich um Exorzismus, wie die Legende weismachen will. Gallus soll die Hand auf das Haupt des Mädchens gelegt und gesprochen haben: «Im Namen Jesu Christi befehle ich dir, du unreiner Geist, fahre aus und weiche von diesem Geschöpf Gottes». Als der unreine Geist ihn hernach fragte, wohin er denn gehen solle, sagte Gallus: «Wohin der Herr dich gestürzt hat: in die Hölle.»
Einen Streit mit dem Teufel soll später Notker der Stammler gehabt haben, wie Ekkehart ausführlich berichtet. Einmal versäumte der fromme Mönch das Stundengebet um 14 Uhr. Als er am selben Abend in privater Andacht im Chor der Galluskirche verharrte, sah er den Teufel im Dachgebälk sitzen und mit einem Stift auf eine Elfenbeintafel schreiben. Zugrunde liegt hier nach einem Aufsatz von Ernst Zemp die Vorstellung, dass der Teufel die Sünde der Menschen notiert, damit sie in das Buch des Lebens eingetragen werden und später beim Weltgericht als Belastungsmaterial dienen. Notker begann sofort den Psalmvers «O Gott, komm mir zu Hilfe» laut zu beten und warf sich zur Erde nieder. Sofort musste der Teufel die bereits verzeichnete Sünde auf seiner Tafel löschen. Er war zum Geprellten geworden und verärgert warf er die Schreibtafel nach Notker. Dieser sprang rasch hoch, um dem Geschoss auszuweichen. Die Vorstellung, dass der Teufel während des Gottesdienstes in der Kirche im Dachgebälk sitze und die Namen von Fehlbaren aufschreibe, wird nach Ernst Zemp in zahlreichen mittelalterlichen Legenden verbreitet und war im Schweizer Volksglauben bis in die jüngste Vergangenheit lebendig.
Hans Egli kam 1526 ins St.Galler Gefängnis, weil er die Ratsherren als Ketzer verunglimpft und der Stadt Bilderschändungen vorgeworfen hatte. Er verbreitete in verschiedenen Städten der Eidgenossenschaft das Gerücht, dass in St.Gallen der Teufel an den Pranger gestellt und Maria ins Bordell getragen worden sei. St.Gallen war damals dem neuen reformatorischen Glauben zugetan, was Hans Egli offenbar nicht passte. Er meinte, dass St.Gallen mit der «ketzerischen Reformation» sogar «ee mer dann minder» Zürich zugeneigt sei. Kurz zuvor war in St.Gallen ein Tischmacher namens Vincenz Wetter verhaftet worden, weil er in die Kirche eingedrungen war, eine Statue des Teufels entwendet und an den Pranger gehängt hatte.
Nicht direkt mit dem Teufel, aber mit einem Fräulein «Teufel» sollen in den 70er-Jahren des 19. Jahrhunderts die Behörden just an der Äusseren Engelgasse, der heutigen Augustinergasse, zu tun gehabt haben. Dort ging nach Ansicht vieler Moralisten das Fräulein «Teufel» einem teuflischen Gewerbe nach, führte sie doch dort ein «Frauenhaus», wie die Bordelle damals hiessen. Das unsittliche Treiben flog nur deshalb auf, weil ein Herr der besseren Gesellschaft sich polizeilich über den übersetzten Preis seines Schoppens beschwerte. Der Kunde genoss in der Folge wohl eine Art Zeugenschutzprogramm, wie das Staatsarchiv feststellt, denn die Strafakte nannte alle möglichen mitbeteiligten Personen – nur nicht den besagten Herrn.
Vor vier Jahren schockierte der St.Galler Kirchenbote der reformierten Kirche mit der Abbildung eines Teufels auf der Frontseite. Besorgte Eltern protestierten energisch gegen die abgebildete Teufelsmaske aus Flums. Die Redaktion rechtfertigte sich aber, es gehe nicht um altertümliches Fasnachtsbrauchtum, das schon in der Bibel bezeugt sei. Ziel sei es, die biblischen Aussagen zum Teufel in Erinnerung zu rufen.
Im Dorf St.Gallen in der Steiermark, dessen Name sicher auch auf Gallus zurückzuführen ist, weil dessen Wirken in Europa weit verbreitet war, gibt es auf einer Bergkuppe sogar eine unsichtbare Teufelskirche. Der Name entstand durch eine Sage, wonach dort bei der Hütte eines Einsiedlers früher häufig ausgefallene Saufgelage stattgefunden hatten. Da erbebte plötzlich der Berg, der Höllenfürst erschien und entführte die ganze liederliche Gesellschaft in sein unterirdisches Reich. Die Angehörigen der Feiernden fanden auf der Suche nach ihnen ein weites Loch so gross wie eine Kirche. Nun wusste man, dass der Einsiedler der Teufel selbst gewesen war und die jungen Menschen absichtlich verführt hatte, um sie für die Hölle reif zu machen.
Nichts mit dem leibhaftigen Teufel zu tun hat der «Rote Teufel», ein aufgerahmter Bergkäse aus St.Gallen, der zwölf Monate gereift ist und jede Käseplatte willkommen bereichert. Mag sein, dass der pikant-würzige Geschmack etwas Teuflisches an sich hat. Ebenso wenig teuflisch sind die St.Galler «Putztüüfel», die für tüchtiges Reinigen stehen. Der Teufel wird eben umgangssprachlich auch für massives Hervorstechen und Vorgehen verwendet.
Lade Fotos..