Ursula Forrer
feierte mit der Stiftung Zeitvorsorge das 10-Jahres-Jubiläum.
Noemi Huber, Sekretärin des Stimmbüros der Stadt St.Gallen, neben Andreas Vögeli, Präsident des Stimmbüros an der Medienorientierung vom Montagabend.
Das städtische Stimmbüro hat am Sonntag bei der Ermittlung der Wahlergebnisse für die Erneuerungswahlen des St.Galler Stadtparlaments die Stimmzettel falsch ausgezählt. Nun äussern sich die städtischen Parteileitungen zum Lapsus.
Politik «Es hätte schon am Sonntagabend auffallen müssen. Ich war von Anfang an skeptisch und dachte, da kann etwas nicht stimmen. Dass das im Stimmbüro niemand bemerkt hat, darf nicht sein», sagt Donat Kuratli, Parteipräsident der SVP Stadt St.Gallen. Der grobe Fehler bei der Stimmenauszählung vom Sonntag stösst bei den städtischen Parteileitungen auf Unverständnis. Besonders die Schwere des Fehlers stösst sauer auf. Die Stadt hatte sich um ganze 1’337 Stimmen verrechnet. So beteiligten sich nicht wie anfangs kommuniziert 16'114 Personen an den Erneuerungswahlen des Stadtparlaments, sondern nur deren 14'777. Der Fehler bei der Auszählung passierte bei der manuellen Erfassung der Anzahl unveränderter Wahlzettel bei der Liste 2a der FDP. Es wurden 2’507 statt 1’170 unveränderte FDP-Wahlzettel ins System übertragen. Der Fehler ist auf menschliches Versagen zurückzuführen. Die erneute Kontrolle hätte angesichts der grossen Differenz gegenüber der Anzahl unveränderter Stimmzettel der vergangenen Wahl bereits am Sonntag durchgeführt werden müssen und das Resultat so nicht validiert werden dürfen. Die Leitung des Stimmbüros hat den Fehler am Montagmorgen selbst festgestellt und umgehend gehandelt. Andreas Vögeli, Präsident des Stimmbüros, übernimmt für den Fehler die Verantwortung. «Ich habe mir bereits überlegt, ob ich zurücktreten sollte. Das ist aber eine Entscheidung, die ich nicht vorschnell treffen werde», so Vögeli. Die Erneuerungswahlen des Stadtrats sowie die eidgenössischen Abstimmungen waren von der Falsch-Zählung nicht betroffen.
Die fehlerhafte Auszählung wirkte sich auf die Verteilung der 63 Sitze des Stadtparlaments aus. Die grösste Veränderung ergab sich bei der Sitzverteilung der FDP. Nach dem Resultat am Sonntag freute man sich bei den Liberalen bereits über vier zusätzliche Sitze. Die fehlerhafte Auszählung hatte ergeben, dass sich die FDP von zehn auf 14 Sitze verbessern konnte. Mit der Korrektur folgte schliesslich die Ernüchterung. Die FDP muss einen Sitz abgeben und sitzt neu nur noch mit neun Vertretern im Stadtparlament. Positiv waren die Neuigkeiten hingegen für SP, GLP, Mitte und SVP. Die SP, die nach der falschen Auszählung zwei Sitze verloren hatte, konnten ihre 17 Sitze nun doch halten. Auch die GLP, die fälschlicherweise einen Sitz verlor, konnte ihre sieben Sitze halten. Die Mitte, bei der die Sitzverteilung mit acht Sitzen unverändert blieb, gewinnt nun doch noch einen zusätzlichen neunten Sitz dazu. Die SVP, die sich zunächst über einen einzelnen Sitzgewinn freute, kann gar zwei Sitze zulegen und ist neu mit zehn Parlamentsmitgliedern vertreten.
Besonders gross ist der Frust über die fehlerhaften Wahlergebnisse entsprechend bei der FDP. Nachdem man am Sonntagabend noch den Gewinn vier neuer Sitze frenetisch bejubelte, muss man jetzt eine Wahlniederlage eingestehen. «Wir waren konsterniert, als wir die Nachricht erhalten haben. Es ist eine Katastrophe», so Oskar Seger, Präsident der FDP Stadt St.Gallen. Man nehme die korrigierten Resultate zur Kenntnis. Die Enttäuschung sei dennoch riesig. Für die FDP steht fest, dass die Stadt handeln muss. «So etwas darf nicht passieren, denn es schwächt das Vertrauen in die Demokratie enorm. Für uns ist klar, es muss etwas geschehen und da nehmen wir die Stadt auch in die Pflicht. Welche Massnahmen konkret ergriffen werden sollen, liegt allerdings in der Verantwortung der Stadt», so Seger. Ähnlich klingt es auch aus dem städtischen SVP-Lager. Trotz der erfreulichen Nachrichten über einen zusätzlichen Sitzgewinn pocht man dort auf eine umfassende Fehleranalyse. «Der Fehler ist mehr als peinlich. Ich vermute, dass hier das Vieraugen-Prinzip im Stimmbüro nicht richtig funktioniert hat. Wir fordern, dass die Stadt den Vorfall sauber aufarbeitet und allenfalls gar einen ausführlichen Bericht dazu veröffentlicht», so Donat Kuratli. Auch Ivo Liechti, Präsident der Mitte Stadt St.Gallen, sieht das Hauptproblem darin, dass mit solchen Vorfällen das Vertrauen in die Demokratie schwindet. Einen Rücktritt von Andreas Vögeli zu fordern, wie dies zum Beispiel die Jungfreisinnigen tun, geht seiner Ansicht nach allerdings zu weit. «Ich glaube nicht, dass das etwas bringen würde. Was ich allerdings schwach finde, ist, dass sich der Stadtrat nicht zur Angelegenheit geäussert hat. Das hätte ich schon erwartet», so Liechti.
Etwas weniger dramatisch betrachtet man die Situation bei der SP. In erster Linie sei man froh, dass nun Klarheit über die Wahlresultate herrsche und freue sich darüber, dass man eine Links-Grüne Mehrheit im Parlament halten konnte. «Es ist zwar ärgerlich, doch Fehler können passieren. Wichtig ist, dass der Fehler erkannt wurde. Wir sind in erster Linie erleichtert, dass wir im Stadtparlament weiterhin eine links-grüne Mehrheit haben und ökologische und soziale Anliegen weiterhin Gehör finden», so Peter Olibet, Co-Präsident der SP Stadt St.Gallen. Auch von Seiten der Grünen freut man sich darüber, dass eine bürgerliche Mehrheit im Parlament verhindert werden konnte, ist aber ebenfalls der Meinung, dass Massnahmen ergriffen werden müssen. «Wir würden nicht wie andere Parteien von einer Katastrophe reden, doch es ist natürlich nicht gut, was passiert ist. Bei solch einem krassen Ausreisser wie dem Resultat der FDP hätte schon am Sonntag jemand reagieren müssen. Es braucht künftig eine funktionierende Kontrolle», so Michael Breu, Präsident Grüne Stadt und Region St.Gallen.
SP: 17 Sitze (Zuvor 17), SP – Juso: 1 Sitz (Zuvor 1), FDP: 9 Sitze (Zuvor 10), FDP – Jungfreisinnige: 1 Sitz (Zuvor 1), SVP: 10 Sitze (Zuvor 8), Die Mitte: 9 Sitze (Zuvor 8), GLP: 7 Sitze (Zuvor 7), GLP – Junge GLP: 0 Sitze (Zuvor 1), Grüne: 6 Sitze (Zuvor 7), Grüne - Junge Grüne: 1 Sitz (Zuvor 1), Politische Frauengruppe St.Gallen: 1 Sitz (Zuvor 1), EVP: 1 Sitz (Zuvor 1)
Selim Jung
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