Laura Bucher
Die Revision des Behindertengesetzes soll Barrieren beseitigen.
Halloween steht bevor und verlangt nach Gruselgeschichten. Solche gibt es auch mehrere in und um St.Gallen. Wenn es sich auch meist um Sagen oder auch Zufälle und nicht um übernatürliche Erscheinungen handeln dürfte, unterhaltend sind sie allemal. Phantasiebegabte schmiedeten Legenden, die auf realer Unterdrückung basierten.
Legenden Wenn es in St.Gallen und Umgebung um Sagen und um Behauptungen zu Übernatürlichem geht, steht die Sage vom schwarzen Rappensteiner im Vordergrund. Dieser lebte in der Burg Rappenstein in der Martinsbrugg beim Ausflugsrestaurant Schaugenbädli, von der nicht mehr viel zu sehen ist. 2007 wurde die Ruine durch Zivilschützer sichtbar gemacht und mit Kalkmörtel gesichert. Der schwarze Rappensteiner war ein böser Mann, der seine Untertanen knechtete. In der Nacht vor Silvester klopfte ein erschöpfter Pilger an seine Tür und bat um ein Nachtlager. Doch der hartherzige Ritter schickte ihn wieder weg ins starke Schneetreiben. Darauf verfluchte ihn der Pilger, rammte einen Stab in die Erde und rief: «Rappensteiner, hier soll dir ein Zeichen deiner Gastfreundschaft wachsen!» Und das Unheil liess nicht lange auf sich warten. Bei der Silvesterfeier auf der Rappenstein ärgerte sich der Ritter über seine Gäste, die sich über einen wachsenden schwarzen Baum im Garten wunderten. Er hetzte seine Bluthunde auf sie. Alle wurden ermordet. Der Gastgeber erschrak über seine Greueltat und wollte fliehen. Doch da zuckte ein Blitz vom Himmel und der böse Rappensteiner wurde für alle Ewigkeit in einer Felswand im Goldachtobel eingeschlossen. Nur einmal im Jahr – in der Nacht vor Silvester – ist es ihm vergönnt, auf einem feurigen Pferd übers Land zu reiten und Unheil anzurichten. Mit dem Römpeln wollen die Straubenzeller in Bruggen dies noch heute jeweils um Silvester verhindern. Als wilde Männer mit «gfürchigen» roten Masken, jagen sie um ein grosses Feuer, verbrennen den «Römpel» alias Rappensteiner.
Von der rund 900 Jahre alten Burg Rappenstein ist bekannt, dass sie eine Zeit lang zum Kloster St.Gallen gehörte. Der Abt und spätere Gegenabt Wilhelm von Montfort (Amtszeit 1281 bis 1301), der in Kriege verwickelt war und immer wieder an sicheren Orten Zuflucht nehmen musste, soll sich dort aufgehalten haben. Es wird vermutet, dass die Burg in den Appenzeller Kriegen zerstört wurde. In der ersten Hälfte des 15.Jahrhunderts erwarb die Ravensburger Familie Mötteli, was von dem Gemäuer übriggeblieben war. Es ist nicht überliefert, ob es im und um den Bau weiterhin gespukt hat.
Bei der Burgruine Ramschwag in Häggenschwil, die kürzlich gesichert worden ist, soll bei nächtlichen Stürmen ein Rumpeln zu hören sein, als würde jemand im Schlosshof mit Kugeln und Kegeln spielen. Das soll nach einer alten Legende die Lieblingsbeschäftigung der Herren von Ramschwag gewesen sein. Sie waren grausam und quälten die Bauern. Eines Tages beschloss der grausamste der Ritter, seine Tochter solle heiraten. Er zwang die Bauern, die Räume schön herzurichten und mit den Jägern loszuziehen. Da brach ein Sturm los und zerstörte die Ernte, die normalerweise schon eingebracht worden wäre. Wütend standen die Bauern vor ihren zerstörten Feldern und schwörten Rache. Als die Burgleute am Hochzeitstag die Burg verliessen, um eine Jagd zu veranstalten, schlugen die Bauern Stein für Stein aus dem Gemäuer und unterhöhlten so die Burg. Die Feiernden kehrten zurück zum Festessen und begannen dann zu tanzen. Da barst der Boden wie morsches Holz und schreiend stürzten die Burgleute in die Tiefe, wo sie von der Sitter weggeschwemmt wurden.
Vor sehr langer Zeit soll ein Feuer speiender Drachen an der Sitter in einer Höhle gewohnt haben, in der Nähe der alten Spiseggbrücke. Gleich gegenüber befand sich eine Festung des Klosters St.Gallen, die Burg Spisegg. Die Burgbewohner bekamen der Sage zufolge die gesamte Grausamkeit des Drachens zu spüren. Die Burgdamen und Burgherren getrauten sich tagsüber nicht mehr aus der Festung. Eines Tages fasste ein tapferer Ritter den Entschluss, das Ungeheuer zu töten. Die Burgbewohner rieten ihm jedoch dringlich, nicht zu gehen, doch der Ritter liess sich von seinem Vorhaben nicht abhalten. Mit Pferd, dicker Rüstung, Schwert und Speer forderte er das Ungeheuer zum ungleichen Duell. Der Drache spie Feuer und giftigen Rauch aus seiner Nase. Der furchtlose Ritter schleuderte den Speer in den Schlund des Drachens. Es ergoss sich ein feuriger Strom von Drachenblut über den Angreifer. Dieser stand aber nach langem Kampf als Sieger da. Von der Burg Spisegg ist heute nichts mehr zu sehen. Durch die Erosion der Sitter wurden die letzten Spuren weggeschwemmt.
Unter dem Naturschutzgebiet Hudelmoos an der St.Galler Kantonsgrenze zwischen Zihlschlacht und Muolen soll sich nach einer anderen Sage eine ganze Ortschaft befinden. Dumpf soll ab und zu aus der Untiefe des Weihers das Gebimmel einer Glocke an die Oberfläche dringen. Das wird zum Teil auf ein höchst tragisches Geschehen zurückgeführt. Der Ort war so schön, dass sich die Bewohner sehr freuten und sündig zu leben begannen. In einer Sturmnacht gab es die Strafe für die Untaten. Der Ort versank dabei samt den Bewohnerinnen und Bewohnern im Morast.
Auch um das Schloss Oberberg, das Wahrzeichen von Gossau, ranken sich unglaubliche Geschichten. Eines Tages soll die Köchin zur früheren Wirtin gesagt haben, im Gewölbekeller würden sich zwei Geister aufhalten. Auch behauptete sie, die Fähigkeit zu haben, mit Verstorbenen zu sprechen. Wiederkehrende kuriose Begebenheiten liessen diese Aussagen, die zunächst als Phantasiegespinste betrachtet wurden, wieder erwachen. Als der frühere Wirt wieder einmal Gäste durchs Schloss führte und diese vor der Folterkammer standen, löste sich der Speer von der Halterung an der Wand und fiel krachend zu Boden, was alle erschreckte. An einem anderen Tag wollte ein Besucher mit seinem Hund den Gerichtssaal betreten. Bei der Türschwelle stoppte der Hund und sträubte sich vehement, weiterzugehen und rannte fluchtartig nach draussen. Ein anderes Mal kam eine Angestellte besorgt aus dem Keller zurück. Ein massives Gestell hatte sich aus einer äussert stabilen Verankerung gelöst und begrub das Porzellangestell unter sich. Dass es in den Mauern immer wieder kracht, ist wohl auf das 700-jährige Alter des Schlosses zurückzuführen, dessen Mauern unterschiedlichem Druck ausgesetzt sind.
Der Sagenforscher Jakob Kuoni (1850 bis 1928), der 1903 die «Sagen des Kantons St.Gallen» herausgab, wurde vor einem schwarzen Pudel im Erlenholz gewarnt. Das Tier sitze manchmal nachts auf einer alten Brücke, an der sich einst ein Lebensmüder aufgehängt habe. Wer an dem Hund vorbei über den Fluss wolle, stürze in die Tiefe, wurde behauptet. Im Buchenwald zwischen Eggersriet und dem Weiler Egg sollen gemäss Kuoni nächtliche Wanderer über plötzlich auftretende Schmerzen im Rücken geklagt haben. Hinter den Buchen lauere der «Kleebhund», ein übernatürliches böses Wesen, das sich von hinten auf seine Opfer stürze und diesem die Klauen so tief ins Fleisch hacke, dass die Spuren für lange Zeit noch deutlich zu sehen seien. Ein Mann, der einst bei Grub verbotenerweise Bäume fällte, soll bis heute durch den Wald wandeln – in einem weissen Gewand und mit einer Säge bewaffnet. Wer ihn nachts sägen höre, könne sich nicht mehr von der Stelle rühren und bleibe bis zum nächsten Morgen im Wald gefangen. Jakob Kuoni machte vor allem «Wind und Wetter» für den Glauben an Spukgeschichten verantwortlich, meinte aber: «Sicher ist, dass die Furcht manches hört und sieht, was dem mutigen Zweifler bald genug ein helles Lachen entlockt.»
Zum Teil auf der Basis des Werkes von Jakob Kuoni veröffentlichte Dino Larese (1914 bis 2001), einer der bekanntesten Kulturschaffenden im Bodenseeraum, 1967 ein Bändchen mit dem Titel «St.Galler Sagen». Wie Kuoni beginnt Larese mit den Sagen um Gallus.
Ein Kapital ist einem Tisch im Haus «Zum Spital» in Abtwil gewidmet, der sich zusammen mit einem Gespenst in die Luft hob. Gleichzeitig waren Zaubersprüche und ein Klopfen zu hören. Dem Gespenst wurden viele Fragen gestellt, was diesem aber offensichtlich nicht passte. Da erschien es auch zu ungerufener Zeit, bis es mit dem Abbruch des Hauses verschwand. In Muolen soll sich die «Holz-Nann» an einem Faden aufgehängt haben. Sie sei dann im Wald begraben worden. Ein Zimmermann sei dann beim Wandern im Wald auf eine Schnur gestossen, die ihn zum Ort führte, wo die «Holz-Nann» begraben worden war. Er begann zu graben und fand tatsächlich die tote Frau. Larese schrieb auch von manch anderen bösartigen Geistern, die in der Umgebung von St.Gallen ihr Unwesen getrieben haben sollen.
Für Spuk und aussergewöhnliche Erscheinungen interessierte sich der St.Galler Parapsychologe Alex Schneider (1927 bis 2012), dipl.Ing. ETH. Er befasste sich intensiv mit dem Jenseitigen. Übernatürliche Erscheinungen studierte der Kantonschulprofessor praktisch in der ganzen Welt. Viele, die Übernatürliches erlebt haben wollen, besuchten ihn in seinem Haus in Rotmonten oder in seinem abgelegenen Ferienhaus in Gais. Er vermied es, aus dem Erfahrenen Sensationen zu machen, vielmehr war er um gute Dokumentationen bemüht. Kürzlich hat Witwe Christine Picciolo-Schneider eine Biografie über ihren Mann mit dem Titel «Stelldichein mit einer anderen Welt» herausgegeben.
Von Franz Welte
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