Markus Buschor
Trotz Überprüfung der «Public Library» steht der Stadtrat hinter dem Projekt.
Die alten Kurhäuser kurz vor der Übernahme durch die Salettiner. z.V.g.
Das Missionshaus und seine Waid können ihr 100-jähriges Bestehen feiern. Von hier aus entfalten die Salettiner eine breitgefächerte seelsorgerische Tätigkeit in der Region. Nach dramatischen Anfängen entwickelte sich die Schule zu einem renommierten christlichen Gymnasium, das sich im Laufe der Jahre stark öffnete und heute über eine Oberstufe mit Untergymnasium verfügt.
Geschichte Die Ordensgemeinschaft der Salettiner wurde 1858 im Marienwallfahrtsort La Salette in den französischen Alpen gegründet, wo 1846 die Heilige Jungfrau Maria erschienen sein soll. Die Gemeinschaft breitete sich auf 23 Länder aus und wurde in der Folge auch in der Schweiz aktiv. Die grosse Zahl von Mitgliedern ermöglichte es der Schweizer Provinz beispielsweise, 1946 Missionare nach Angola zu senden. Über Jahre erstreckte sich die Suche des beauftragten Paters Gabriel Van Roth nach geeigneten Liegenschaften für ein Missionshaus der Salettiner mit einer angegliederten Schule. Ihm wurde schliesslich der Erwerb einer käuflichen Liegenschaft in Mörschwil empfohlen. Ausgestattet mit einem Empfehlungsschreiben für den Mörschwiler Pfarrer Josef Huber traf er 1923 in Mörschwil ein. Da er Pfarrer Huber zu Hause nicht antraf, besichtigte er die Villa Aurora, auch Gallusberg genannt, allein. Die Villa hatte aber schon einen neuen Käufer gefunden und befand sich im Umbau. Pater van Roth bedauerte dies nicht, wie er später schrieb, da ihm die Liegenschaft für seine Zwecke zu luxuriös erschien. Pfarrer Huber wies ihn aber darauf hin, dass noch eine grosse Liegenschaft an der Hauptstrasse nach St.Gallen zu erwerben sei. Die Liegenschaften Untere Waid gefielen Van Roth von Anfang an sehr gut, obwohl sie damals recht vernachlässigt waren, vor allem die Gartenanlage und der obere Bau. Kurz darauf wurde das Gelände der ehemaligen Kuranstalt aus einem Konkurs versteigert und gelangte für nur 80'500 Franken an den Bauer Jakob Hörler vom Alberenberg. Van Roth trat darauf in Verbindung mit Hörler und unterbreitete ihm das Angebot, den nicht landwirtschaftlich genutzten Teil zum gleichen Preis zu kaufen.
Alles schien auf bestem Wege, doch Bischof Robert Bürkler wollte die geplante Niederlassung der Missionare von La Salette nicht genehmigen. Wahrscheinlich war es die Furcht vor dem Bundesrat, von dem er sich einen Tadel eingehandelt hatte, weil er einem Jesuiten gestattet hatte, Vorträge zu halten. Der sanktgallische Kulturkampf hatte sich damals wieder akzentuiert. Die Salettiner wollten bereits Lösungen in Freiburg und am Vierwaldstättersee prüfen, als doch noch ein positives Signal vom Bischof kam, der nun bereit war, die Errichtung einer Missionsschule unter strengen Vorschriften zu genehmigen. So konnte im Anwaltsbüro von Thomas Holenstein in St.Gallen, dem späteren Bundesrat, die Vorbereitung der Verschreibung vorgenommen werden. Da die Untere Waid während mehrerer Jahre unbewohnt gewesen war, gab es in den Liegenschaften einiges herzurichten. Nach einigen Werbereisen konnten 15 Schüler angeworben werden. Am 9. Oktober 1924 wurde der Betrieb in der Missionsschule aufgenommen. Die Schülerzahlen wuchsen rasch und bald wurden fast hundert Schüler im unteren Haus unterrichtet, während das obere Haus weitgehend als Unterkunft diente.
Ziel war in den Anfangsjahren die Bildung und Rekrutierung des ordenseigenen Nachwuchses. Es wurden nur Schüler aufgenommen, die den Wunsch hatten, Priester zu werden. Doch es wurde auch damals schon mit Theater, Sport und Ausflügen für fröhliche Stimmung gesorgt. Nach 1950 änderte sich die Aufnahmepraxis. Das «Missionsgymnasium Untere Waid» erhielt den Namen «Salettinierkolleg Untere Waid». Doch diese neue Bezeichnung konnte sich nicht durchsetzen. Nach der 1967 beschlossenen Öffnung der Schule wurde der Name «Gymnasium Untere Waid» gewählt, eine Bezeichnung, die auch die Zulassung von Mädchen ab dem Schuljahr 1978/79 beinhaltete. Zwischen 1956 und 1973 schlossen die Schüler ihr Gymnasium am Lyzeum auf dem Gutenberg mit der liechtensteinischen Matura ab. Nachdem Probleme mit der Anerkennung dieser Matura durch schweizerische und deutsche Universitäten aufgetreten waren, wurde 1972 eine Zusammenarbeit mit dem Gymnasium Friedberg in Gossau beschlossen. Die Schüler der Unteren Waid konnten prüfungsfrei ans Lyzeum des Gymnasiums Friedberg übertreten. 1994 wurde mit der Verkürzung des Gymnasiums ein Gesuch um eine Maturitätsanerkennung eingereicht. Es dauerte bis 1998, bis nach diversen Prüfungen und Abklärungen die eidgenössische Anerkennung eintraf. Die Zusammenarbeit mit dem Gymnasium Friedberg blieb aber bestehen, um eine breite Auswahl an Ergänzungsfächern anbieten zu können. Über viele Jahre bot die Untere Waid ein Externat, ein Tagesinternat und ein Internat an, wobei die Tagesschule einen immer grösseren Zuspruch erhielt. Laufend erfolgten auch bauliche Neuerungen. 2007 wurde für die Schule eine Stiftung errichtet, der heute der Hausobere Pater Piotr Zaba als Präsident vorsteht. Da es mit der Zeit immer weniger Mitbrüder gab, wurde 2013 die Schweizer Provinz der Salettiner aufgelöst und als Schweizer Distrikt der Polnischen Provinz angeschlossen.
Im Missionshaus wirken heute sieben Salettiner Patres, wie der Distrikt- und Hausobere Pater Piotr Zaba, der als Pole auch enge Beziehungen zum «Mutterhaus» in Polen unterhält, erklärt. Sechs sind zur Hauptsache als Seelsorger und in der Jugendarbeit in der Region tätig, während sich der älteste im Ruhestand befindet. Diverse Kirchgemeinden schätzen es sehr, dass sie auf Salettiner zurückgreifen können, um bei der heutigen Personalknappheit die Seelsorge sicherzustellen. Mit den Entschädigungen durch die Kirchgemeinden und mitunter Spenden wird die Finanzierung des Missionshaus-Betriebes sichergestellt. Subventionen gibt es nicht, weshalb eine Eigenfinanzierung erforderlich ist. Hilfestellungen werden den ukrainischen Salettinern geboten, die ebenfalls zur Polnischen Provinz gehören. Die hiesigen Salettiner bieten auch verschiedene Gesprächsrunden, Glaubenskurse und Wallfahrten an. Pater Zaba wirkt überdies in Teilzeit als Polen-Seelsorger in der Ostschweiz. Mehr dazu unter: salettiner.ch
Von Franz Welte
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