Markus Buschor
Trotz Überprüfung der «Public Library» steht der Stadtrat hinter dem Projekt.
Vergangenen November haben Caglar und Safiye Korkmaz an der Fürstenlandstrasse 102 das Brockenhaus Brennpunkt eröffnet. Secondhandware soll zu günstigen Preisen wieder verkauft werden. Damit möchte das Ehepaar vor allem sozial benachteiligte Personen und Haushalte mit tiefem Einkommen ansprechen.
Gebrauchtwarenladen Ich trete durch die Tür des Brockenhauses Brennpunkt und werde sofort von einem Kaleidoskop an Farben, Formen und Gerüchen begrüsst. In der Luft liegt der Duft von altem Holz, frisch gewaschener Kleidung und sanften Noten von Gewürzen, die aus einer Ecke des Ladens herüberwehen. Meine Augen schweifen über Regale und Tische, die mit einer schier endlosen Vielfalt an Gegenständen gefüllt sind. Hier stapeln sich Bücher, die darauf warten, entdeckt zu werden. In einer Ecke ziehen antike Möbelstücke mit ihrer zeitlosen Eleganz und ihrem Charme die Blicke auf sich. Polierte Holztische, elegante Stühle und kunstvoll verzierte Spiegel erzählen Geschichten vergangener Zeiten. Und mittendrin im 1’300 Quadratmeter grossen, hellen und ordentlich sortierten Brockenhaus entdecke ich Caglar und Safiye Korkmaz, die den Laden seit Ende Oktober mit viel Leidenschaft führen.
«Vom Kajak, über Schränke zu Fischer Technik und Lego sowie von Handtaschen über Vintage-Platten bis hin zu Kameras, Werkzeugen oder Instrumenten kann man bei uns fast alles finden», erzählt Caglar Korkmaz. Neben einer Buddhafigur aus einem thailändischen Tempel haben sie auch Teppiche aus einer Villa, die er mit seinem Team geräumt hat. Korkmaz betreibt seit knapp vier Jahren eine Firma für Reinigung und Entsorgung an der Burgstrasse. Der 39-Jährige räumt Wohnungen von Verstorbenen und Messies, bietet aber auch Umzüge an. Dabei komme es oft zu emotionalen Momenten. Einerseits, wenn Erinnerungsstücke entsorgt oder Gegenstände von geliebten Personen entfernt werden, andererseits, wenn das Team bisweilen an seine Grenzen stösst. Wenn die zu räumende Wohnung zugemüllt ist oder die Habseligkeiten einer Person, die Suizid begangen hat, beseitigt werden müssen. Hinter jedem Objekt stecke eine Geschichte, die es zu bewahren gilt. Mehr noch: «Wir möchten, dass ihre Geschichte weitergeschrieben wird», sagt Safiye Korkmaz und fügt hinzu: «Wir geben gebrauchten Gegenständen eine Chance auf ein zweites oder drittes Leben».
Bis zu drei Wohnungen pro Woche räumen Caglar Korkmaz und sein Team. Da kommt eine enorme Menge Material zusammen. «Weil wir uns nur schwer von noch gut erhaltenen Möbelstücken trennen konnten, begannen wir diese im Freundes- und Bekanntenkreis zu verschenken», erinnert sich der Unternehmer. Irgendwann aber waren alle bedient und ihr Lager in Freidorf begann sich zu füllen – das war der Startschuss für das Brockenhaus. Der Weg zur Eröffnung war steinig. Nicht nur Abklärungen mussten gemacht und Bewilligungen eingeholt, sondern auch Rückschläge verkraftet werden. «Glücklicherweise erfuhren wir aus unserem Umfeld und den städtischen Ämtern grosse Unterstützung», sagt Safiye Korkmaz. «So kamen wir unserem Ziel, Gegenstände zu günstigen Preisen anzubieten, immer näher.» Ihr
Angebot soll Vintage-Liebhaber, Schnäppchenjägerinnen und Sammler ebenso ansprechen wie Do-it-yourself-Enthusiasten, Studentinnen und Familien. Gerade weil sie so viele Artikel für die unterschiedlichsten Zielgruppen anbieten, sei es vor allem zu Beginn schwierig gewesen, die richtigen Preise zu setzen. «Mit der Zeit bekommt man aber ein gutes Gespür dafür», offenbart das Ehepaar.
«Wir nehmen fast alle noch gut erhaltenen Möbelstücke oder Waren an», erklärt Safiye Korkmaz. Während die Kundschaft Kleinwaren und Bekleidungen jederzeit im Geschäft vorbeibringen kann, bedarf es bei grösseren Gegenständen vorerst einer Abklärung, ob sie aus Platz- oder Sicherheitsgründen abgelehnt werden müssten. «Beschädigte oder defekte Gegenstände, veraltete Technologie, abgetragene Schuhe und Kleidung, gebrauchte Hygieneartikel oder illegale und gestohlene Waren können wir nicht annehmen», erklärt die 43-Jährige. Das Brockenhaus soll auch ein Ort sein, an dem Menschen zusammenfinden und sich gegenseitig unterstützen, deshalb plant das Ehepaar weiteren Mehrwert. Nebst einem Bistro, in dem sie ihre Kundschaft in gemütlicher Atmosphäre mit köstlichen Speisen verwöhnen wollen, sollen ein Tischtennistisch und ein Töggelikasten das Ambiente abrunden. «Zusätzlich möchten wir regelmässige Veranstaltungen, Workshops und Feste organisieren, die das Gemeinschaftsgefühl stärken und das Bewusstsein für soziale Themen fördern», ergänzt der St.Galler. Von Kleidertauschpartys bis hin zu Informationsveranstaltungen über nachhaltigen Konsum schweben dem Ehepaar viele Ideen durch den Kopf. «Unser Ziel ist es, nicht nur Waren zu verkaufen, sondern auch eine Atmosphäre der Solidarität und des Miteinanders zu schaffen», resümiert Caglar Korkmaz. «Alle, die zu uns kommen, sollen sich willkommen fühlen und die Möglichkeit haben, Teil unserer Gemeinschaft zu werden.»
Morgen Samstag, 25. Mai, gibt’s 30 Prozent auf alles sowie eine Bratwurst ab einem Einkauf von 20 Franken. www.brennpunkt-brocki.ch
Von Benjamin Schmid
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