Denise Hofer
«Verknüpfung» ist eine nachhaltige und verbindende Kunstinstallation.
Die Stadt St.Gallen will mit einem umfassenden Strassenbaumkonzept die Stadtlandschaft grüner und widerstandsfähiger gegen den Klimawandel machen. Das Konzept setzt auf den Schutz bestehender Bäume, gezielte Neupflanzungen und eine bessere Vernetzung von Grünräumen.
Stadtklima Extreme Sommerhitze, abnehmende Biodiversität und versiegelte Flächen sind Herausforderungen, mit denen viele Städte konfrontiert sind. Auch St.Gallen bleibt nicht verschont. Die Stadtverwaltung hat deshalb ein umfassendes Strassenbaumkonzept entwickelt, das langfristig für mehr Schatten, kühlere Strassenräume und eine verbesserte Aufenthaltsqualität sorgen soll. «Bestehende Bäume zu pflegen und neuen Bäumen mehr Raum zu geben, ist unser Ziel», sagt Markus Buschor, Stadtrat und Leiter der Direktion Planung und Bau, anlässlich einer Medienorientierung. «Bäume sind nicht nur schön anzusehen, sondern auch essenziell für das Stadtklima. Sie mildern Hitzeinseln, tragen zur Verbesserung der Luftqualität bei und bieten Lebensraum für zahlreiche Tierarten.» Doch das Konzept geht über die reine Klimaanpassung hinaus. Es spielt auch eine zentrale Rolle bei der Umsetzung der beiden Gegenvorschläge zur «Zukunfts-Initiative» und «Gute-Luft-Initiative». Ersterer sieht die Umwandlung von 120'000 Quadratmeter Strassenfläche zugunsten von Fuss-, Velo- und öffentlichem Verkehr innert zehn Jahren vor, bei Letzterem sollen ebenfalls innert zehn Jahren 80'000 Quadratmeter versiegelte Fläche in Grünflächen umgewandelt werden. Das langfristige Ziel besteht darin, die Baumkronenbedeckung im Stadtgebiet von derzeit neun auf 30 Prozent zu steigern.
Nicht jede Strasse wird gleich stark begrünt. Die Stadt setzt auf gezielte Pflanzungen, um maximale Effekte zu erzielen. Florian Kessler, Leiter der Stadtplanung, erklärt: «Wir schaffen grüne Achsen, die die Stadt mit den umgebenden Landschaftsräumen verbinden. Gleichzeitig setzen wir auf blühende Bäume an Höhenwegen und eine bessere ökologische Vernetzung im Strassenraum.» Während in der Innenstadt Baumreihen das Stadtbild prägen sollen, konzentriert sich das Konzept in der Altstadt auf einzelne, markante Bäume. Besonders in Quartierzentren sind verstärkte Pflanzungen geplant, um die Aufenthaltsqualität zu erhöhen. Ein konkretes Beispiel ist die Kolumbanstrasse. Derzeit stehen dort 37 Bäume mit einem Abstand von 18 Metern, was zu einer geringen Beschattung von nur 15 Prozent führt. Um diesen Wert mittelfristig auf 45 Prozent zu steigern, sollen 33 zusätzliche Bäume gepflanzt werden. Die ersten Neupflanzungen sind bereits für diesen Sommer vorgesehen. Auch an der St.Leonhard Strasse soll es grüner werden. «Der Stadtrat hat dem Stadtparlament bereits einen Plan vorgelegt, der dem Parlament aber zu wenig weit ging, weshalb der Stadtrat ihn nochmals überarbeiten musste. «Jetzt haben wir an der neuen Variante richtig Freude», so Buschor. Auch die Bahnhofstrasse soll dereinst erblühen, allerdings sind die Voraussetzungen da schwieriger – schliesslich müssen Bus und Bahn genügend Platz für die Durchfahrt haben.
Das Strassenbaumkonzept ist mehr als eine Sammlung von Pflanzplänen – es bildet die Grundlage für zukünftige Planungen und Interessenabwägungen im öffentlichen Raum. «Wir müssen uns umorientieren und die Begrünung der Stadtfläche forcieren», betont Buschor. Dafür sind klare Zielvorgaben formuliert. Mit schneller Begrünung durch dichte Pflanzungen mit schnellwachsenden Bäumen wie Linden, Pappeln, Widen und Birken soll eine Baumkronenbedeckung von mindestens 30 Prozent erreicht werden. «Wir werden verschiedene Farben, Formen und Düfte wahrnehmen dürfen», sagt Buschor. Denn vielfältige Baumarten in einem Strassenzug ermöglichen eine bessere ökologische Vernetzung und bieten Lebensraum für Insekten und Vögel. Das Strassenbaumkonzept zielt ausserdem darauf ab, die Aufenthaltsqualität zu steigern und das Stadtbild attraktiver zu gestalten, und letztlich stärken Strassenbäume mit Ortsbezug die Wiedererkennbarkeit eines Quartiers. Um das Wachstum der Bäume optimal zu unterstützen, setzt die Stadt auf grosse Baumscheiben von mindestens sechs Quadratmetern und einen ausreichenden Wurzelraum von mindestens 25 Kubikmetern.
Neben der Begrünung einzelner Strassenabschnitte setzt St.Gallen auf übergreifende grüne Achsen. «Wir wollen nicht nur punktuell Bäume pflanzen, sondern eine durchgehende Vernetzung schaffen – von den Hauptverkehrsachsen bis in die Landschaftsräume», so Florian Kessler. So sollen etwa die Hauptverkehrsstrassen durch Baumreihen aufgewertet werden, während Quartierstrassen eine vielfältigere Bepflanzung erhalten. Die Bevölkerung soll aktiv in den Prozess einbezogen werden. «Bei den meisten Projekten ist eine Partizipation vorgesehen», erklärt Buschor. «Die
Bewohnerinnen und Bewohner sollen frühzeitig informiert und in den Planungsprozess integriert werden.» Gleichzeitig betont er, dass die Neupflanzungen nicht zulasten des Fussverkehrs gehen sollen. In
Zukunft wird das Strassenbaumkonzept bei jeder Strassensanierung herangezogen. So wird geprüft, wie und in welchem Umfang Bäume neu gepflanzt werden können – unter Berücksichtigung der Bedürfnisse aller Verkehrsteilnehmenden.
St.Gallen setzt mit ihrem Strassenbaumkonzept auf eine nachhaltige und zukunftsorientierte Stadtentwicklung. «Unser Anspruch an die künftige Begrünung ist hoch», so Buschor. «Bäume sind nicht nur
Klimaschützer, sondern auch ein zentrales Element der Lebensqualität. Sie machen den öffentlichen Raum attraktiver und schaffen eine Identifikation mit der Stadt.» Mit Projekten wie der «Aufforstung» der St.Leonhard-Strasse und der Begrünung der Bahnhofstrasse setzt St.Gallen ein klares Zeichen für eine grüne Zukunft. Das Strassenbaumkonzept bildet dabei die Grundlage – für eine klimaresiliente, lebenswerte und identitätsstiftende Stadt.
Von Benjamin Schmid
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