Kartrin Corazza
veröffentlicht unter dem Künstlernamen Katy O. ihr erstes Soloalbum.
Sina Eisenring, CO-Präsidentin der Jungen Grünen Kanton St.Gallen und St.Galler Stadtparlamentarierin und Diego Müggler, Co-Präsident der Jungen Grünen Kanton St.Gallen.
Nach der Ablehnung des Stadtparlaments kommt die Initiative «Sex? Aber Safe!» der Jungen Grünen vors Volk. Sie will kostenlose Tests auf sexuell übertragbare Krankheiten für junge Menschen und Personen mit tiefem Einkommen ermöglichen – und damit Aufklärung, Verantwortung und Solidarität fördern.
Abstimmung Das St.Galler Stadtparlament hat am 24. Juni entschieden, die Initiative «Sex? Aber Safe!» zur Ablehnung zu empfehlen. Mit 35 zu 23 Stimmen bei keiner Enthaltung folgte die Mehrheit der bürgerlichen Fraktionen dieser Haltung. Die Vorlage fordert, dass in der Stadt wohnhafte Personen bis zum 30. Lebensjahr sowie Menschen mit KulturLegi kostenlose Beratungen und Tests auf sexuell übertragbare Infektionen (STI's) erhalten. Zusätzlich soll die Stadt Aufklärungs- und Informationskampagnen fördern und Pilotprojekte im Bereich sexuelle Gesundheit ermöglichen. Ein Gegenvorschlag der SP/JUSO/PFG-Fraktion, der die Altersgrenze auf 25 Jahre senken und die Bedingungen präzisieren wollte, fand ebenfalls keine Mehrheit. Damit liegt der Entscheid nun bei der Stimmbevölkerung: Am 30. November wird in St.Gallen über die Initiative der Jungen Grünen abgestimmt.
Die Initiantinnen und Initianten begründen ihr Anliegen mit besorgniserregenden Entwicklungen. In den vergangenen 15 Jahren haben sich die Fälle von Syphilis, Chlamydien und Gonorrhö in der Schweiz teils verfünffacht. Fachleute schätzen, dass bis zu 80 Prozent der Infektionen unbemerkt verlaufen und somit weitergegeben werden, was unbehandelt zu Entzündungen, Organversagen oder Unfruchtbarkeit führen kann. Zudem zeigen Studien des Bundesamts für Gesundheit (BAG), dass weniger als die Hälfte der Bevölkerung weiss, was STIs überhaupt sind. «Der aktuelle Wissensstand in unserer Gesellschaft zu sexuell übertragbaren Krankheiten ist viel zu gering. Die meisten Leute kennen gerade einmal das HI-Virus, weil es in der Vergangenheit immer wieder HIV-Präventionskampagnen gab. Wir fordern daher auch, dass umfassende Kampagnen zu STI’s umgesetzt werden, um die Aufklärung und Sensibilisierung für diese Themen zu stärken», sagt Sinah Eisenring, Co-Präsidentin der Jungen Grünen Kanton St.Gallen. Die Initiative will neben den Gratis-Tests auch Wissenslücken schliessen und niederschwelligen Zugang zu Beratung schaffen.
Die Jungen Grünen argumentieren, dass Prävention nicht nur ein Gebot der Solidarität, sondern auch finanziell sinnvoll sei. Früh erkannte Infektionen verhinderten hohe Folgekosten und entlasteten somit das Gesundheitssystem. Das zeigt auch ein Pilotprojekt der Stadt Zürich. Dort kostete das Pilotprojekt für Gratis-Tests in der Stadt Zürich über drei Jahre 2.6 Millionen Franken. Alleine die Vermeidung von drei HIV-Infektionen - welche während dieser Pilotphase entdeckt wurden - hätten gemäss Projektleitung diese Kosten überschritten. In St.Gallen wären die Kosten für ein Pilotprojekt wesentlich tiefer: Der Stadtrat schätzt sie auf 370‘000 Franken pro Jahr.
Eisenring betont, dass die Diskussion über Verantwortung nicht auf der individuellen Ebene stehenbleiben dürfe. «Ein Argument, das wir in dieser Debatte immer wieder hören, ist, dass die Leute mehr Eigenverantwortung übernehmen müssen und dies nicht Aufgabe des Staates sei. Eigenverantwortung ist definitiv wichtig, aber wir müssen Eigenverantwortung auch ermöglichen. Wir müssen Hürden abbauen», so Eisenring. Ein STI-Test kostet aktuell bis zu 180 Franken und wird von der Krankenkasse nur bei Symptomen oder Verdacht übernommen. Gerade für junge Menschen oder Personen mit geringem Einkommen sei das eine zu hohe Hürde. «Mit der Initiative wollen wir Rahmenbedingungen schaffen, damit auch die Leute, die weniger Einkommen haben, verantwortungsvoll handeln können. Dies nicht nur, um sich selbst, sondern auch seine Mitmenschen vor sexuell übertragbaren Krankheiten zu schützen», ergänzt Diego Müggler, der zweite Co-Präsident der Jungen Grünen Kanton St.Gallen. Für Eisenring und Müggler steht fest, dass die Stadt handeln muss, solange der Kanton abwarte. Es sei zwar richtig, dass Themen, die den Gesundheitsbereich betreffen, primär in den Zuständigkeitsbereich des Kantons fallen, doch der Kanton verschliesse vor der Problematik die Augen. Dabei wollen die Jungen Grünen nicht zusehen. «Wenn der Kanton abwarten will, wie sich die Situation entwickelt und somit seine Verantwortung gegenüber der Bevölkerung nicht wahrnimmt, müssen wir als Stadt selbst handeln», so Müggler.
Die Jungen Grünen sehen ihre Initiative auch als Mittel gegen Stigmatisierung und Unwissen. Noch immer werden sexuell übertragbare Krankheiten tabuisiert, was Betroffene zusätzlich belaste. «So eine Infektion ist nicht nur ein Gesundheitsrisiko, sondern verursacht auch viel Leid, da diese Krankheiten immer noch sehr stigmatisiert sind. Für Betroffene kann das verheerend sein», warnt Eisenring. Die Jungen Grünen kritisieren, dass das Stadtparlament die Dringlichkeit des Problems nicht ausreichend erkannt habe. «Wir waren etwas schockiert, wie sehr die Problematik im St.Galler Stadtparlament unterschätzt wird und wie wenig Wissen die Parlamentarierinnen und Parlamentarier über STI’s haben. Das Ergebnis der Abstimmung im Stadtparlament hat uns aber nochmals zusätzliche Motivation und Kampfgeist verliehen», so Eisenring. Auch Müggler findet, dass viele politische Entscheidungsträger bei dieser Thematik noch Nachholbedarf haben. Denn nicht nur die Debatte im Stadtparlament, auch die initiale Reaktion des Stadtrates habe offengelegt, dass bei dieser Thematik nach wie vor viele Wissenslücken und Vorurteile vorhanden seien. «Es wird immer noch so argumentiert, als wären nur vereinzelte Gruppen – zum Beispiel homosexuelle Männer oder Sexarbeitende – von sexuell übertragbaren Krankheiten betroffen. Dass es ein gesamtgesellschaftliches Problem ist, wird oft ignoriert», sagt Müggler.
Am 30. November wird die St.Galler Stimmbevölkerung über die Initiative «Sex? Aber Safe!» entscheiden. Eisenring und Müggler zeigen sich zuversichtlich. «Ich denke, wir haben Chancen. Ich glaube, dass die bürgerliche Mehrheit, die sich im Stadtparlament zu diesem Thema geäussert hat, nicht die Meinung der gesamten Bevölkerung widerspiegelt. Bei unseren Unterschriftensammlungen und in Gesprächen mit den Leuten haben wir fast ausschliesslich positive Rückmeldungen erhalten. Die Bevölkerung ist direkt betroffen und zeigt sich interessiert. Ich glaube, das sind gute Voraussetzungen», so Eisenring.
Selim Jung
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