Ralph Forsbach
freut sich über geteilten 1. Platz an Startfeld Diamant Preisverleihung.
Symbolbild.
Zu den ausserordentlichen Todesfällen zählt auch jene Kategorie, bei der unklar ist, ob es sich um einen Suizid oder um eine Dritteinwirkung handelt. In solchen Fällen führt die Staatsanwaltschaft St.Gallen gemeinsam mit der Amtsärztin oder dem Amtsarzt sowie der Polizei eine sogenannte Legalinspektion durch. Nicht selten folgt darauf eine Obduktion im Institut für Rechtsmedizin des Kantonsspitals.
Selbsttötungen Einige Beispiele aus der Staatsanwaltschaft St.Gallen aus letzter Zeit belegen, wie wichtig ein seriöses Vorgehen ist, um Klarheit zu erreichen. Ein rasches Vorgehen ist ebenfalls angesagt, um allenfalls eine Fahndung nach einer Täterschaft einzuleiten.
Ein Landwirt liegt tot in der Scheune. Todesursache ist eindeutig ein Kopfschuss, aber in unmittelbarer Nähe des Leichnams ist keine Waffe zu finden. Die ärztliche Untersuchung ergibt Schmauchspuren an den Händen und am Oberkörper. Kopfwunde und Schussrichtung lassen eine Selbsttötung plausibel erscheinen. Aber wo ist die Waffe? Schliesslich wird an einer Wand der Scheune angelehnt ein Gewehr entdeckt, aus dem kürzlich geschossen wurde. Der beigezogene Waffenexperte erklärt, dass es durch den Rückschlag bei der Schussabgabe zu einer derartigen Ortsverlagerung des Gewehrs kommen kann. Es handle sich um einen logisch erklärbaren Zufall, dass die Waffe aufrecht hingestellt, wie versorgt, am Fundort gelandet sei. Fazit: Suizid durch Erschiessen.
Am Fuss einer steilen Treppe im Inneren eines Hauses wird eine tödlich verletzte Frau aufgefunden. Scheinbar liegt ein tödlicher Sturz vor, also ein Unfall. Der Amtsarzt stellt vor Ort Verletzungen fest, die sich nicht auf den ersten Blick mit einem Sturz vereinbaren lassen. Der Leichnam wird zur Obduktion ins Institut für Rechtsmedizin gebracht. Dort zeigt sich, dass auch kein Suizid vorliegt. Die polizeilichen Ermittlungen ergeben diverse Vorfälle häuslicher Gewalt und ein eigenartiges Verhalten des Ehemanns, der in der Folge festgenommen wird. Fazit: Verdacht auf ein Kapitalverbrechen.
Ein zwanzigjähriger Mann stürzt von einer Brücke und stirbt. Nach der Legalinspektion wird rasch klar, dass es sich um einen Suizid handeln muss. Die Angehörigen wollen dies aber nicht glauben. Daher wird ein Strafverfahren gegen unbekannte Täterschaft eröffnet. Auch die angeordnete Obduktion lässt keine Hinweise auf ein Drittverschulden erkennen. Es finden sich keinerlei körperliche Anzeichen für eine Gewaltanwendung vor dem Sturz und der toxikologische Befund ergibt keine eingenommenen Drogen oder Medikamente. Dennoch werden weitreichende Befragungen im Umfeld des Verstorbenen gemacht. Die Ermittlungen verdichten immer mehr das Bild einer tiefen Depression, in der sich der junge Mann befunden hat. Die Staatsanwaltschaft stellt das Verfahren ein. Die Angehörigen ergreifen Rechtsmittel. Abschliessend hält das Bundesgericht fest, dass keinerlei Verdachtsmomente wegen eines Drittverschuldens vorliegen. Nach dem Fazit der Staatsanwaltschaft ist die langwierige Strafuntersuchung angezeigt gewesen, um auch die letzten Zweifel der Angehörigen auszuräumen.
Ein für die Untersuchungsbehörden schwieriger Fall war das Auffinden eines toten Ehepaars im letzten Sommer in Altenrhein, über das öffentlich orientiert wurde. Die St.Galler Staatsanwaltschaft ging nach intensiven Abklärungen durch Mithilfe der Rechtsmedizin von einem tragischen Fall aus. Zunächst wurde aufgrund der Fundsituation jedoch von einem Gewaltdelikt gesprochen, doch es zeigte sich, dass der Mann (damals 48), der gemäss Staatsanwaltschaft Anästhesist war, seiner Lebenspartnerin (damals 41) immer wieder zwecks Behandlung von Schmerzen Wirkstoffe gegen Schmerzen verabreicht hatte. Bei der letzten Verabreichung eines Lokalanästhetikums kam es zu medizinischen Komplikationen. Reanimationsversuche durch den Ehemann blieben erfolglos. Aufgrund der festgestellten Verletzungen ist davon auszugehen, dass sich der Mann anschliessend wegen dieses tragischen Ereignisses das Leben genommen hat. Auch hier ist eine sorgfältige Abklärung vorgenommen worden, die den Angehörigen und der Öffentlichkeit die Gewissheit über das Vorgefallene gibt.
Die Zahl der polizeilich registrierten Suizide haben im Kanton St.Gallen in den letzten Jahren stark zugenommen, allerdings nur durch die Suizide mit Sterbehilfeorganisationen. 2024 stellte die Polizei gesamthaft 159 Suizide fest, wovon 87 mit Sterbehilfeorganisationen erfolgten. Die Zahl der Suizidversuche belief sich auf 67. Diese Zahlen lassen erkennen, dass nicht nur genaue Abklärungen von aussergewöhnlichen Todesfällen erforderlich sind, sondern sich auch Präventivmassnahmen aufdrängen. Die Ostschweizer Telefonseelsorge mit Geschäftssitz in St.Gallen (Die Dargebotene Hand Ostschweiz - Telefon 143) ist hier aktiv. Suizidalität ist bei den Hilfesuchenden nur zu zwei Prozent vorhanden, aber angesichts der Tragik von unerwarteten Selbsttötungen ist das Abwenden einer Suizidgefahr auch bei einer kleinen Zahl von Anrufenden von grosser Bedeutung. Depressionen und Einsamkeitsgefühle können später auch zu Suizidgedanken führen. Im Bereich des Jugendsuizids leistet der Schulpsychologische Dienst St.Gallen mit der Kriseninterventionsgruppe wichtige Dienste. Auch hier ist Suizidalität unter den jährlich rund 130 Fällen selten, aber besonders wichtig. Einen 24-Stunden-Notfalldienst unterhalten auch die Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienste St.Gallen. Geboten wird überdies ein Kurzinterventionsprogramm für Kinder und Jugendliche nach einem Suizidversuch. In St.Gallen sind die Behörden auch auf Brücken mit Vorrichtungen, die einen Sprung in die Tiefe verunmöglichen, gegen Suizidabsichten aktiv, so jüngst auf dem verbreiterten Geh- und Veloweg auf dem SBB-Sitterviadukt.
Franz Welte
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