Denise Hofer
«Verknüpfung» ist eine nachhaltige und verbindende Kunstinstallation.
Der Verein Pro Velo feiert heute sein 20-jähriges Bestehen.
Der Verein Pro Velo St.Gallen Appenzell feiert am Donnerstag sein 20-jähriges Bestehen. Um 18.15 Uhr wird mit einem Festprogramm beim Regierungsgebäude, Klosterhof 3, in St.Gallen gefeiert. Auch eine Führung im Stiftsbezirk ist geplant. Jaap van Dam (62), Präsident von Pro Velo St.Gallen Appenzell und Kantonsrat in Appenzell Ausserrhoden, spricht im Interview über Erfolge, Herausforderungen und die Zukunft der Velonutzung in der Ostschweiz.
Jaap van Dam, welche Erfolge von Pro Velo St.Gallen Appenzell erfüllen Sie besonders mit Stolz?
Besonders freut mich die hohe Qualität unserer Stellungnahmen zu Vernehmlassungen, etwa bei Agglomerationsprogrammen, der kantonalen Strassengesetzgebung oder der Umsetzung des Veloweggesetzes. Meilensteine waren unter anderem das Reglement für eine nachhaltige Verkehrsentwicklung in der Stadt St.Gallen, die Veloinitiativen in Wil und St.Gallen oder auch unser Velotourenführer. Zudem organisieren wir regelmässig gesellige und kreative Veranstaltungen wie Pasta, Dia e Bici, die Kidical Mass oder den Parking Day. Am meisten stolz sind wir aber darauf, ein starkes Netzwerk für Velofahrende aufgebaut zu haben.
Wie hat sich die Veloinfrastruktur in der Region seit der Gründung von Pro Velo entwickelt?
In den letzten Jahren gab es spürbare Verbesserungen. Pro Velo war eine treibende Krafthinter vielen Sofortmassnahmen, etwa der Öffnung von Einbahnstrassen und Busspuren für Velos,den St.Galler Velostrassen oder dem Rechtsabbiegen bei Rot. Natürlich ist nicht alles unser Verdienst, aber wir haben wichtige Impulse gegeben, etwa durch unsere Eingaben zu den Agglomerationsprogrammen oder durch den direkten Austausch mit den Behörden. Leuchtturmprojekte sind die SBB Sittertobelbrücke, die Unterführung Kreuzbleiche sowie die geplanten Velovorzugsrouten aus Wittenbach, Rorschach, Gossau und Teufen nach St.Gallen.
Wo sehen Sie derzeit die grössten Defizite in der Veloinfrastruktur?
In der Ostschweiz wird viel geplant, aber noch zu wenig umgesetzt. Der Nachholbedarf ist gross, nicht nur in der Stadt, sondern auch in suburbanen und ländlichen Regionen. In der Stadt ist die Bedeutung des Velos als effizientes Transportmittel weitgehend anerkannt.Viele Projekte sind in Entwicklung. In den Vorstädten sieht das anders aus, hier braucht es mehr Aufmerksamkeit. Erfreulicherweise entstehen dort aber auch neue Pro-Velo-Abteilungen.
Welche politischen Massnahmen sind dringend notwendig, um das Velo als Verkehrsmittel attraktiver zu machen?
Die kantonalen Strassengesetze müssen revidiert und das nationale Veloweggesetz konsequent in die kantonale Planung integriert werden. Die Finanzierung zwischen Gemeinden und Kanton wird ein zentrales Thema sein. Oft herrscht die Vorstellung,dass Kantonsstrassenin erster Linie dem motorisierten Verkehr gehören. Das ist historisch falsch:Jahrhunderte langwurdensie vor allem von Fussgängern und Kutschen genutzt, bis Autos sie im letzten Jahrhundert zunehmend beanspruchten. Bevor separate Radwege gebaut werden, muss geklärt werden, welche Ansprüche der Langsamverkehr an bestehende Strassenflächen hat.
Welche konkreten Projekte wird Pro Velo in den nächsten Jahren vorantreiben?
Der Bund will mit seiner Roadmap Velo den Anteil des Veloverkehrs bis 2035 verdoppeln. Die Kantone sind zudem verpflichtet, bis 2042 durchgehende Velowegnetze zu schaffen. Für uns hat die Entwicklung eines sicheren, zusammenhängendenVelonetzes höchste Priorität. Unser Ziel ist, dass sich alle Velofahrenden wohlfühlen – auch jene, die heute noch nicht auf das Velo steigen.
Der Ausbau von Velowegen gerät oft in Konflikt mit anderen Verkehrsteilnehmern. Wie begegnen Sie Kritik, beispielsweise von Autofahrern oder Anwohnern, die Parkplätze verlieren?
Wie bereits erwähnt, muss man das in einem historischen Kontext betrachten. Gleichzeitig sind viele Verkehrsteilnehmende in mehreren Rollen unterwegs. Ich selbst bin seit 1995 rund 20’000-mal von Gais nach St.Gallen gependelt – mal mit dem Auto, mal mit der Bahn, mal mit dem Velo. Die Strasse muss so gestaltet sein, dass sie multimodal funktioniert. Der Verkehrsraum sollte fair geteilt und für alle sicher gemacht werden. Städte und Gemeinden haben jedoch nicht den Auftrag, Privatpersonen kostenlose Abstellflächen im Strassenraum bereitzustellen,wenn dies auf Kosten der Sicherheit von Fussgängern und Velofahrenden geschieht.
Wie schätzen Sie die zukünftige Entwicklung der Velonutzung in der Ostschweiz ein?
Die Velonutzung wird weiter zunehmen, insbesondere durch E-Bikes, die jährlich um fünf bis zehn Prozentwachsen.Allerdings zeigenkantonale Unfallstatistiken, dass hier dringend Handlungsbedarf besteht. Derzeit wird nur ein Bruchteil des Potenzialsausgeschöpft.Studienbelegen, dass rund 60 Prozent der Verkehrsteilnehmenden grundsätzlich bereit wären, öfter oder überhaupt Velo zu fahren.
Was bedeutet das 20-jährige Jubiläum für Sie und Ihr Team?
Es ist ein wichtiger Meilenstein, aber wir sind erst halb so alt wie unser Dachverband Pro Velo Schweiz, der dieses Jahr sein 40-jähriges Jubiläum feiert. Unsere Botschaft lautet: Mehr Velo bedeutet mehr glückliche und gesunde Menschen! Lasst uns gemeinsam in die Pedale treten und neue Wege befahren! Interview von Benjamin Schmid
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