Andrea Isler
lädt zu ihrer ersten eigenen Kunstausstellung in die Villa bleu ein.
Josef Böni. z.V.g.
Eine Persönlichkeit eigener Prägung ist vor 50 Jahren gestorben: Josef Böni. Nach seinem Wirken als Rektor an der Katholischen Kantonssekundarschule in St.Gallen konvertierte er zum evangelischen Glauben, wurde Pfarrer in Trogen, wo er sich auch sozial in grossem Masse engagierte und an der Gründung des Pestalozzidorfs mitwirkte. Hierauf wurde er Grossmeister der Freimaurer-Grossloge «Alpina» und publizierte mehrere Bücher.
Ortsmarke Josef Böni kam 1895 als neuntes von zehn Kindern gläubiger katholischer Eltern in Bazenheid zur Welt, die ihn schon zu seiner Geburt zum Priester bestimmten. Die Matura absolvierte er im Kollegium «Maria Hilf» in Schwyz und gründete noch im selben Jahr in Bazenheid einen katholischen Arbeiterverein. Gerne wäre er Rechtsanwalt geworden, doch er fügte sich der elterlichen Vorbestimmung. Sein theologisches Studium begann er in Fribourg und setzte es am Seminar in St.Gallen-St.Georgen fort. Der junge Domvikar wurde 1919 Rektor der Katholischen Kantonssekundarschule in St.Gallen. Als Mitglied der St.Galler Ortsgruppe der «Schweizer Christenwehr» publizierte er klar antisemitisches Gedankengut insbesondere in seiner Schrift «Moderne Schwarmgeister». In einem Vortrag soll Böni gemäss «St.Galler Tagblatt» gesagt haben, die Juden seien die grössten Gegner der Christen.
Nach der Operation wegen eines Kropfleidens setzte er sein Studium in Fribourg fort. Von den bisher streng eingehaltenen Indexvorschriften befreit, begann er Bücher zu lesen, die ihm bisher verschlossen gewesen waren, vor allem Werke von Reformatoren und Kirchenrechtlern. Daraus erwuchs nach langem inneren Ringen die Überzeugung, andere Wege gehen zu müssen. Er trat zum evangelischen Glauben über, was in St.Gallen «einschlug wie ein Blitz aus heiterem Himmel», wie die «Appenzeller Zeitung» damals berichtete.
Eingeleitet wurde der neue Lebensabschnitt an der Sorbonne in Paris, die den gewandelten Menschen aber auch nicht befriedigte. Mit seiner Frau betrieb er in Paris ein kleines Geschäft für Apothekenzubehör, später für elektrische Handsägen. Auf der Suche nach einem anderen Auskommen stiess das Paar auf «Professor Busers Voralpines Töchterinstitut Teufen» (heute Heim Eben-Ezer). Der spätere ausserrhodische Kantonsratspräsident Buser errichtete in Chexbres VD eine Filiale. Aus 44 Bewerbungen wurde Böni als Instituts- und Schulleiter bestimmt. Gegen Ende dieser arbeits- und segensreichen Zeit studierte er an der Universität Lausanne protestantische Theologie.
1935 erfolgte seine Wahl zum reformierten Pfarrer in Trogen. Er erfüllte seine Aufgabe mit grossem sozialen Verantwortungsbewusstsein. «In der herrlichen Welt evangelischer Freiheit» sorgte er für Arme und Kranke, Gefangene und Jugendliche. Daneben lehrte er an der Kantonsschule Religion und Philosophie und führte eine eigene Schülerpension. Er wurde Mitbegründer des Pestalozzidorfes, das auf seine Initiative hin nach Trogen kam. Es gelang ihm auch, das ehemalige Ferienhaus der Familie Zellweger im Lindenbühl zum Heim für betagte Taubstumme zu machen. Während 20 Jahren diente er im Vorstand und während zwölf Jahren als Präsident der Appenzellischen Gemeinnützigen Gesellschaft. Zahlreich waren seine Engagements in anderen sozialen Institutionen.
Nach diesen Jahren hochintensiver Tätigkeiten wechselte Josef Böni nach Bern, um dort an einem Privatinstitut zu unterrichten und die «Alpina», die Zeitschrift der Schweizer Freimaurer, zu redigieren. Er war sogar Grossmeister der Gross-Loge von 1942 bis 1947. In seinem Buch «Bekenntnisse eines Konvertiten» schilderte er sein Leben und befasste sich mit Fragen seiner Zeit. In weiteren Publikationen behandelte er seine neuen theologischen Überzeugungen, speziell in seinem aufrüttelnden Buch «Kirche heute und morgen, quo vadis Ecclesia». Kaum war sein letztes Buch zur Trennung von Kirche und Staat erschienen, musste er sich mehreren Magenoperationen unterziehen, von denen er sich nicht mehr erholte. Er verstarb 1974 im ärztlichen Heim seines Sohnes. Seine Asche wurde in der Erde von Trogen beigesetzt.
Für viele ist Josef Böni eine schillernde Persönlichkeit geblieben, obwohl er auf sozialem Gebiet sehr viel geleistet hat. Tatsächlich war sein Leben voller Brüche. Er wurde vom katholischen zum protestantischen Pfarrer, vom klaren Antisemiten zum Verfechter der religiösen Toleranz, vom Gegner der Freimaurerei zum Grossmeister der Grossloge «Alpina». Es mag erstaunen, dass er trotz seiner Vergangenheit als Antisemit bedenkenlos in Ämter mit höchster Verantwortung gewählt wurde. Auf der anderen Seite hat er sich mit seinem späteren Wirken als durchaus echter Kämpfer für Geistesfreiheit, Toleranz und Menschlichkeit erwiesen. Trotzdem bleiben seine Wandlungen für viele unbegreiflich, für andere sind sie durchaus eine Hinwendung zum Guten.
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